Christliche Feiertage:Feuerzungen

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Pfingsten gilt als Gründungsfest der Kirche, doch seine Bedeutung kennen viele nicht mehr

Otto Mittermeier war bis 1995 katholischer Pfarrer in Neufahrn im Landkreis Freising. Heute leitet er im Ordinariat des Erzbistums München und Freising die Abteilung für Liturgie. (Foto: Robert Haas)

Pfingsten? Das sei vielleicht das heute am meisten unterschätzte Fest der Christen, sagt Otto Mittermeier. Der frühere Pfarrer leitet heute das Referat für Liturgie im katholischen Erzbistum München und Freising. Pfingsten gilt traditionell als Gründungsfest der Kirche. Viele Menschen aber würden gar nicht mehr wissen, was es eigentlich bedeutet.

Im Kern geht es bei Pfingsten um eine Geschichte aus dem Neuen Testament: Als sich die Apostel und Jünger in Jerusalem versammelten, um Schawuot zu feiern, das jüdische Fest zur Offenbarung der Tora, da erfüllte sich, was Jesus nach seiner Auferstehung an Ostern vorhergesagt hatte: Der Heilige Geist fuhr in Gestalt von Feuerzungen auf die Versammelten herab. Die Jünger begannen daraufhin, in verschiedenen Sprachen zu sprechen. Anders aber als im Alten Testament, in dem der Turmbau zu Babel durch die sprichwörtliche Sprachverwirrung unterbunden wird, sind sie weiterhin in der Lage, sich zu verstehen.

Dass sich an Pfingsten vollendet, was an Ostern begonnen hat, steckt schon im Namen: "Pfingsten" leitet sich vom griechischen "pentekosté" ("50 Tage") ab, denn in diesem Abstand folgt das Fest auf Ostern. Liturgisch werde damit eigentlich nur die "Jubel-Oktav" nach Ostern vollendet, sagt Mittermeier. "Oktaven" waren früher allgemein üblich: Seit dem Mittelalter wurden kirchliche Feste traditionell mit einem weiteren Fest am achten Tag abgeschlossen. Die "Osterzeit" ist eine überlange "Oktav", sie dauert sieben mal sieben Tage und endet erst am 50. Tag: an Pfingsten.

An diesem Tag, heuer am 20. Mai, seien Marienwallfahrten üblich geworden, sagt Mittermeier, etwa nach Altötting; warum genau, sei aber etwas nebulös. Er selber sei an Pfingsten übrigens als Seelsorger im Einsatz: Er helfe in Puchheim aus, erzählt der Theologe. Denn Pfingsten werde nicht nur unterschätzt, das Fest stehe auch vor einem ganz praktischen Problem: den Schulferien. Während der zwei Wochen im Frühling fahren viele in Urlaub. Manchmal, sagt Mittermeier, sei es schwierig, genügend Daheimgebliebene für den Kirchenchor zusammenzutrommeln.

© SZ vom 03.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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