Christine Kaufmann:Verführung pur

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Die Schauspielerin Christine Kaufmann stellt ihr Buch über Lebenslust vor und hält eine Aufklärungsstunde.

Christian Mayer

Autorenlesungen sind meist eine ernste Angelegenheit, eine gesetzte Form der Unterhaltung, und am Schluss stellen die Zuhörer gerne die Frage: Ist das Buch autobiographisch?

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Bei Christine Kaufmann ist alles autobiographisch, was sie sagt, fühlt und schreibt; jeder Satz entspringt ihrem Erfahrungsschatz. Ihr Publikum im "Africa & House" in der Hohenzollernstraße würdigt diese Offenheit mit Applaus, zustimmendem Gemurmel und bewundernden Kommentaren.

"Verführung zur Lebenslust - Zen und Sinnlichkeit" heißt das neueste Werk der freiheitsliebenden Schauspielerin, die einst mit Tony Curtis verheiratet war, aber nie lange mit Männern zusammenbleiben konnte, wie sie augenzwinkernd verrät.

Kaufmann liest nicht aus ihrer 150-Seiten-Abhandlung, und das ist vielleicht besser so - sie nähert sich ihrem Thema, dem Älterwerden, in Gedankensprüngen, tanzend und lachend. An ihrer Seite sitzt ein afrikanischer Trommler, der den Rhythmus vorgibt.

Und so kann die Autorin dem überwiegend weiblichen Fankreis demonstrieren, wie sie morgens sehr schwungvoll die innere Balance findet. Man stelle sich mal vor, ein gewichtiger Schriftsteller Martin Walser würde sich vor seinen Lesern dermaßen schütteln! Bei Kaufmann wirkt das ganz natürlich, nicht umsonst hat sie als junges Mädchen die staatliche Ballettschule in München besucht.

Mit viel Humor und teilweise unfreiwilliger Komik schildert sie ihren Weg, "Körper, Geist und Seele" in Einklang zu bringen. Dass sie von der überaus enthusiastischen Moderatorin Greta Tüllmann, Herausgeberin der Zeitschrift Ab 40, umgehend als "Zen-Philosophin" vorgestellt wird, empfindet sie kaum als Übertreibung.

Gebannt folgen ihr die Zuhörer, wie sie von diversen Missgeschicken und Prozessen berichtet. Einem Trümmerbruch der Nase etwa, der sie zwar vorübergehend entstellt, dann jedoch ganz gelassen gemacht habe.

Kleine Momente im Alltag müsse man genießen, das Vergehen der Zeit nicht als Bedrohung sehen, sondern sich in der eigenen Zeit wohlfühlen, sich nicht hetzen lassen. Und wenn man vier Kilo zu viel auf die Waage bringt, was soll's, die innere Schönheit zählt! So ungefähr lauten die Botschaften der Autorin, die sie in blumigen Sätzen ausbreitet - der Kösel-Verlag freut sich bereits über die dritte Auflage.

"Ich bin in der Scheinwelt aufgewachsen, aber die Wirklichkeit ist viel besser", sagt Christine Kaufmann. Von ihren Enkelkindern erzählt sie einiges, beim Thema Sex macht sie nur zarte Andeutungen ("Man muss lernen, den anderen stets neu zu verführen"). Für eine wie sie, sagt die Schauspielerin, sei in der Medienwelt und im Fernsehen kein Platz mehr.

Zumal sie als Einzelgängerin, die auf einen aufrechten Gang achtet ("wie man geht, sagt, wie man ist"), in kein Programmschema passe. "Ich möcht' eine ganz schöne 70-Jährige sein": Diese Hoffnung beschert ihr noch mal Beifall. Eine ganz schöne 62-Jährige ist sie jetzt, und eine Autorin, die einen Nerv bei ihren Leserinnen getroffen hat.

© SZ vom 19.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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