Calexico in München:Erfreulicher Grenzverkehr

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Tex-Mex, Jazz, Folk und Mariachi: Calexico schafft es, die Grenzen zwischen USA und Mexiko zu überwinden. In der Muffathalle schickte die Band das Publikum auf einen Roadtrip.

Beate Wild

Es steckt bereits in ihren Namen: Calexico. Da schwingt Mexiko und ein bisschen Kalifornien mit. Niemals zuvor konnte man den Grenzverkehr zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden sprichwörtlich hören: Calexico aus Tucson, Arizona, haben sich nach der Grenzstadt zwischen den USA und Mexiko benannt - und sie singen vom Schicksal der illegalen Einwanderer und der Grenzgänger zwischen den beiden Welten.

Amerikanische Roots und mexikanische Folklore: Bei Calexico finden zwei Parallelgesellschaften zueinander. (Foto: Foto: Heigl)

Am Donnerstagabend waren Calexico mit ihrer melancholischen und wunderschönen Musik zu Gast in der Münchner Muffathalle, um ihr neues Album "Carried to Dust" vorzustellen. Es ist ihr sechstes Werk und knüpft an ihr bisheriges Schaffen an. Mit viel Leidenschaft zogen sie das Münchner Publikum in ihren Bann. Hinter der Bühne flimmerten Comics über die Leinwand, zum Teil mit skurrilen Totenköpfen, und verpassten dem Auftritt der Amerikaner ein sinistres Ambiente.

Ihre Musik wird oft als Folk-Indie-Rock oder als "Tucson-Desert-Rock" bezeichnet, doch damit würde man Joey Burns (Gesang und Gitarre), John Convertino (Percussion) und ihren Mitstreitern nicht gerecht werden.

Calexico verbinden amerikanische Roots mit mexikanischer Folklore, versöhnen die verhuschten Gitarren des Indie-Rock mit den Trompeten einer Mariachi-Band. Jazz-Fragmente werden Walzer-Elementen entgegengesetzt. Man hört Spaghetti-Western-Zitate heraus - und manchmal ein bisschen Rock'n'Roll. Das Ergebnis klingt romantisch, aber niemals kitschig. Zwei Parallelgesellschaften finden in der Musik zueinander.

Die gläserne Grenze

Bekannt geworden sind Calexico, die es nun schon seit elf Jahren gibt, mit ihren Song "Crystal Frontier", der die "gläserne" Grenze zwischen USA und Mexiko besingt. Es ist ihr bislang größter Hit und spielt auf den gleichnamigen Roman von Carlos Fuentes an. Darin geht es, wie in vielen ihrer Lieder, um das Schicksal der illegalen Einwanderer, die sich als Tellerwäscher, Hausmädchen oder Gärtner nördlich des Grenzzauns verdingen.

Beim Konzert in München gab es natürlich auch alle Klassiker der Band zu hören - wie "Black heart", "Alone again or","Quattro" oder "Across The Wire". Bei allen Songs von Calexico fühlt man sich wie in einem Roadmovie. Schließt man die Augen, erlebt man seinen privaten Film. Man ist in der mexikanischen Wüste, fährt in einem alten Chevrolet den Highway entlang. Kakteen, verlassene Tankstellen und Sanddünen ziehen an einem vorbei. Man ist in einem Western, in dem geliebt, gehasst, durchgebrannt und auch gelitten wird. Die Musik von Calexico ist zum Träumen, und dennoch mit ernstem, oft politischem Hintergrund.

Im aktuellen Album "Carried to Dust" erreichen Calexico in Balladen wie "The News about William" oder der Country-Nummer "Victor Jara's Hands", die mit den typischen Mariachi-Bläser gespickt ist, wieder die Klasse ihres 2003er-Meisterwerks "Feast of Wire". Aber egal, ob sie alte oder neue Songs interpretierten, Calexico zeigten in München eine reife und gut durchdachte Live-Performance.

Gerade erst verwendete Wim Wenders einen Song aus dem 1998 veröffentlichten Album "The Black Light" für einen neuen Film. Dem Schicksal, als Filmmusik zu enden, wird Calexico sicherlich auch in Zukunft nicht entgehen. Aber es gibt wesentlich Schlimmeres.

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