Bürgerversammlung statt Jurysitzung:Stammsaal und Konzertstrecke

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In den Terminkalendern von OB Reiter und Verkehrsminister Herrmann tut sich Kurioses

Von Christian Krügel

In dieser Stadt hängt alles mit allem zusammen, das weiß man schon länger. Aber selten lässt sich das so schön nachweisen wie am Beispiel des 18. Mai. Am Abend dieses besonderen Donnerstags, um 19 Uhr, wollen nun Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) die Haidhauser Bürger über die Baustelle für die zweite Stammstrecke informieren, die sich quer durch das Stadtviertel ziehen soll. Das ist überfällig, denn der erste Versuch einer Bürgerversammlung endete am 22. Februar mit einem Eklat: Der Andrang auf die Info-Veranstaltung im überfüllten Hofbräukeller war so groß, dass schließlich Joachim Herrmann selbst eine Vertagung vorgeschlagen hatte.

Der neue Termin sollte eigentlich vor dem Spatenstich für das Tunnelprojekt am 5. April stattfinden. Das forderten zumindest die Haidhauser und Gegner der Stammstrecke. Das scheiterte allerdings bislang an den vier Wochen Ladefrist, die es für Bürgerversammlungen geben muss, vor allem aber an den übervollen Kalendern von Herrmann und OB Reiter. Letzterer fehlte beim ersten Termin, was ihm viele Bürger ankreideten. Deshalb will er beim zweiten Versuch die Versammlung persönlich leiten.

Nun fügte es sich aber, dass Herrmann und Reiter schon seit langem für den 18. Mai einen gemeinsamen Termin in ihrem Kalender stehen hatten: An diesem Tag sollten sie als Jury-Mitglieder über die Architektur des neuen Konzerthauses im Werksviertel entscheiden und spätestens am Abend den Münchnern das Ergebnis verkünden. Daraus wird aber endgültig nichts mehr: Die Staatsregierung bestätigte am Freitag die offizielle Absage der Jury-Sitzung. Grund sind die juristischen Schritte, die Architekt Stephan Braunfels gegen das Staatliche Bauamt angestrengt hatte, weil er nicht am Konzerthaus-Wettbewerb teilnehmen durfte. Deshalb könne das Bauamt derzeit nicht mit der Vorbereitung der Jury-Sitzung fortfahren, heißt es aus dem Innenministerium. Alle bereits eingesandten Bewerbungsunterlagen der teilnehmenden Architekten blieben solange ungeöffnet beim Bauamt verwahrt, um die Anonymität zu wahren. Wie lange das Konzerthaus-Projekt auf Eis liegen wird, ist noch völlig offen. "Einen neuen Termin gibt es noch nicht und kann es erst geben, wenn Rechtssicherheit besteht", heißt es aus dem Ministerium. Tatsächlich könnte sich das mehrere Monate hinziehen: Denn sowohl Stephan Braunfels als auch dem Bauamt stehen in dem Streit noch mehrere zivilrechtliche Klagewege offen. Zudem dürften zumindest die Landespolitiker unter den Jury-Mitgliedern im Sommer und Frühherbst wegen des Bundestagswahlkampfs kaum Zeit für eine zweitägige Jury-Sitzung haben.

Dafür haben Herrmann und Reiter aber nun am 18. Mai viel Zeit - was den Haidhausern zugute kommt. Diese dürften diesmal bei der Versammlung auch genügend Platz haben: Der Info-Abend findet um 19 Uhr in der Tonhalle statt, in der bis zu 1000 Menschen einen Sitzplatz finden können - und die im Werksviertel liegt, keine 100 Meter entfernt vom Bauplatz für das neue Konzerthaus. Alles hängt eben mit allem zusammen.

© SZ vom 25.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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