Briefe und Postkarten:Die Marke zieht nicht

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Briefmarkensammler Robert Binner. (Foto: Stephan Rumpf)

Robert Binner ist ein begeisterter Sammler, doch seinem Club fehlen junge Mitglieder

Von Thomas Becker

Alt und verstaubt? "Mitnichten! Ein Hobby ist das, was man daraus macht." Schon auf der Startseite seiner Homepage geht der Münchner Briefmarken Club in die Offensive und stellt sich dem Klischee, das Briefmarkensammlern heutzutage anhängt. Robert Binner, der erste Vorsitzende des 1905 gegründeten Vereins, redet nicht lange drumherum, wenn man ihn auf die Altersstruktur seines Klubs anspricht: "Das Problem ist tatsächlich, dass der Sammelnachwuchs fehlt."

Dabei kann einem das Briefmarkensammeln ja tatsächlich die Welt öffnen. Robert Binner ging es als Kind selbst so: "Ich sammle, seit ich ein kleiner Bub war. Man muss halt irgendwann aus der normalen Markensammelei rauskommen und sich spezialisieren. Dann kann das schon spannender sein, als wenn man nur das zusammenträgt, was die Post rausbringt." Das wolle im Verein keiner sehen. Er sammelt Briefe und Poststempel aus den alten deutschen Kolonien, hat zudem eine postgeschichtliche Sammlung über Alaska und den Klondike-Goldrausch. Am Yukon war er sogar schon ein paar Mal, auch in der früheren Kolonie Neu-Guinea. "Wenn man sich auch mit der Geschichte beschäftigt, hat man einen ganz anderen Bezug zu dem Gebiet", erklärt Binner, "dann kann man vor Ort die Museen und Archive anschauen." Auch im Internet gibt es natürlich viel, zum Beispiel eine eigene Arbeitsgemeinschaft für die Kolonien. Oder man muss auf Messen oder Auktionen suchen, was zu solchen Themen angeboten wird. "Das sind dann schon ein bisschen größere Investitionen."

Geld, das in den Augen der Briefmarkenfreunde gut angelegt ist. In Paragraf drei der Vereinssatzung heißt es: "Zweck des Vereins ist auf dem Gebiet der Philatelie die Förderung der Volksbildung, Wissenschaft und Forschung."

Und so treffen sich die rund hundert Mitglieder jeden Montagabend in der Großhaderner Gaststätte Erdinger Weissbräu in der Heiglhofstraße, gemäß dem Motto "Wenn wir Wissen teilen, haben alle mehr davon". Binner sagt: "In manchen Vereinen trifft man sich nur zum Ratschen und fängt dann an Karten zu spielen - wir haben halt ein Programm, einen Vortrag von jemandem, der sein Gebiet, mit dem er sich beschäftigt, vorstellt." Auch Leute, die international ausstellen. Gerade habe einer auf einer Ausstellung in China sein erstes Gold gewonnen - ein Grund zum Feiern!

Doch wo soll der Nachwuchs herkommen, wenn kaum noch jemand Postkarten oder gar Briefe schreibt? "Leute, die Wert darauf legen, dass sie Post bekommen und selbst Postkarten aus dem Urlaub schreiben, die kriegen auch welche", glaubt Binner, "dann richten sich die Verwandten danach. Aber das liegt halt auch an einem selber." Sein Münchner Briefmarken Club sei ein eher überregionaler Verein, sagt Binner, einer von vielleicht zehn in München, "und natürlich haben wir alle Nachwuchsprobleme". Am ehesten gehe es noch im spezialisierteren Bereich, wo es Leute gibt, die eine vernünftige Sammlung zusammentragen und dann auch zeigen können.

In München gebe es zwar eine eigene Jugendgruppe, die immer wieder versuche, neue Jugendliche anzuheuern, aber: "Wenn die noch klein sind, können sie nicht ohne Eltern kommen, und wenn sie größer werden, kommen die anderen Interessen, dann verliert man wieder welche." Es sei also ziemlich mühsam mit der Jugendarbeit. "Aber es geht schon! Man muss halt Leute haben, die mit Kindern umgehen und das rüberbringen können. Briefmarken sind genug da, das bekommt man alles geschenkt. Man muss halt schauen, ob bei irgendeinem der Funke überspringt."

Frisches Blut würde den Briefmarkenfreunden jedenfalls nicht schaden. Schon in einer Festschrift vor vielen Jahren hieß es: "So kann unserem Jubilar bescheinigt werden, dass ihm - trotz zum Teil nicht geringen Alters seiner Mitglieder - der kraftvolle Anspruch seiner Jugend erhalten geblieben ist, was zeigt, dass dieser Anspruch keine Frage des Alters sein muss." Die Festschrift über den Münchner Briefmarken Club endet mit dem fast flehenden Aufruf: "Bewahrt und pflegt ihn, er hat es verdient!"

© SZ vom 19.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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