BMW-Stiftungen:Der späte Abschied von Eberhard von Kuenheim

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Ein Mann mit ostpreußischem Namen und imposanter Lebensleistung: Nach Eberhard von Kuenheim war bisher eine Stiftung von BMW benannt. (Foto: Catherina Hess)

BMW entfernt den langjährigen Chef aus dem Titel seiner Stiftung, doch der 87-Jährige bleibt souverän: "Machen Sie etwas Gutes daraus"

Von Sabine Buchwald

Es war eine Nachricht am Rande der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag von BMW. Eine Neuigkeit, von langer Hand geplant, die just zu diesem Anlass bekannt gegeben wurde: Die beiden Stiftungen des Unternehmens, die BMW Stiftung Herbert Quandt und die Eberhard-von-Kuenheim-Stiftung verschmelzen zu einer Organisation. Im Ausland wird verkürzt von der BMW-Foundation die Rede sein, im Inland tritt man künftig nur noch als BMW Stiftung Herbert Quandt auf. Die Betonung liegt also auf dem Namen des Vaters der beiden Hauptanteilseigner der Firma, Stefan Quandt und Susanne Klatten. Der Name Eberhard von Kuenheim, der als Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzender knapp 30 Jahre lang den Erfolg von BMW steuerte, wird in der Stiftungslandschaft künftig keine Rolle mehr spielen.

Die im Jahr 2000 gegründete Stiftung war ein Abschiedspräsent an den visionär agierenden Diplomingenieur und Manager, dem die Quandts und das Unternehmen viel zu verdanken haben. Warum aber entzieht man dem mittlerweile 87-Jährigen dieses Geschenk? Warum legt man eine Stiftung still, die in 15 Jahren eine große Zahl anerkannt guter Ideen auf den Weg gebracht hat? Die Rettung der bayerischen Glasmanufaktur Theresienthal etwa, als Pilotprojekt zur Wiederbelebung des Arbeitsmarktes in einer strukturschwachen Region, ist dem Engagement der Stiftung zu verdanken. Und Projekte wie die "Lehrwerkstatt" für angehende Lehrer oder das Medienprojekt "Tatfunk" für Schüler haben nicht nur Aufmerksamkeit, sondern längst zahlreiche Nachahmer gefunden. Stefan Sippell, Mitarbeiter der ersten Stunde der Kuenheim-Stiftung, half mit, solche Projekte auf den Weg zu bringen. Er bekennt: "Ich bin etwas rat- und sogar fassungslos darüber, dass man diese Marke zerschlägt - die sich im Stiftungsmarkt im Laufe der Zeit einen erheblichen Wert erarbeitet hat." Er fragt sich, ob man die "Neuorientierung" nicht auch als Affront gegen Kuenheim verstehen müsse.

Auf die Frage nach dem Warum antwortet Carl-August Graf von Kospoth, bisheriger geschäftsführender Vorstand der Kuenheim-Stiftung und nun dritter Vorstand der Quandt-Stiftung: Man wolle Kräfte bündeln. Mit Kräften sind bei einer Stiftung vor allem die finanziellen Mittel gemeint. Hier geht es um Millionen, auch um Steuervorteile. Die gewinnbringende Anlage von Vermögen ist in diesen Null-Zinsen-Zeiten nicht gerade einfach. Manche Stiftungen sind bereits handlungsunfähig geworden. Im Fall von BMW soll die Zusammenführung die Stiftung agiler machen. Das Vermögen wird um 50 Millionen Euro auf 100 Millionen Euro erhöht. Außerdem kommen jährliche Spenden von der Stifterin dazu, 2016 bereits zusätzliche fünf Millionen Euro. Zusätzlich unterstützen Stefan Quandt und Susanne Klatten die Stiftung mit weiteren 30 Millionen. Und die Erträge aus dem Vermögen der Kuenheim-Stiftung, die ihrer Satzung gemäß nicht aufgelöst werden kann, kommen obendrauf. Die Deutsche Bank hat übrigens einen vergleichbaren Schritt vor einigen Jahren mit der Alfred-Herrhausen-Stiftung vollzogen, die im Andenken an ihren ermordeten Vorstandssprecher gegründet worden war.

Es ist gute Unternehmenskultur bei dem Münchner Autobauer, wichtige Schritte nicht unüberlegt zu vollziehen. Man ließ sich intensiv coachen und ein ganzes Jahr Zeit für die Ausarbeitung neuer Stiftungsziele. "BMW ist ein global agierendes Unternehmen, deshalb soll das gesellschaftliche Engagement künftig auch globaler ausgerichtet werden", sagt Kospoth. Und er ist so ehrlich zu bekennen, dass das Stiften auch Werbezwecken dient: "Das, was wir tun, soll noch mehr auf die Reputation des Unternehmens zurückwirken", sagt er. "Wir kriegen jetzt Schlagkraft", sagt Markus Hipp, mit Kospoth und Michael Schaefer Vorstandschef der Quandt-Stiftung. Die Stiftung bleibe in München, wird sich aber wohl nicht mehr so sehr auf Stadt und Land fokussieren wie die Kuenheim-Stiftung. "Wir erweitern unseren Handlungsrahmen", sagt Hipp.

In "gesellschaftliche Stillstandsgebiete" sinnvoll einwirken und "jungen Menschen ein Vorbild sein" - das sah Eberhard von Kuenheim als wichtige Aufgabe "seiner" Stiftung an. Er stand mit seinem ostpreußischen Namen und seiner Lebensleistung dafür ein. Man konnte schnell und unmittelbar reagieren: etwa dabei, das Münchner Luisengymnasium bei seinem Wandel zu einer gebundenen Ganztagsschule zu unterstützen.

"Wenn man etwas zusammenführt, verliert oft einer", meint Philipp Hof, Geschäftsführer des Hauses des Stiftens in München. Wenn eine Stiftung aber wirkungsorientierter handeln könne, dann finde er das gut. "Was aus einer Stiftung rauskommt, steht im Vordergrund." Das ist wohl ganz im Sinne von Kuenheims. Er soll sich auf der letzten Kuratoriumssitzung so verabschiedet haben: "Machen Sie etwas Gutes daraus."

© SZ vom 15.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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