Blinddarmentzündung übersehen:Gefährliche Bauchschmerzen

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Ein Internist hat eine akute Blinddarmentzündung übersehen - jetzt klagt der Patient auf Schmerzensgeld.

Ekkehard Müller-Jentsch

Buchstäblich in letzter Minute ist ein Münchner im Innenstadt-Klinikum der Universität durch eine mitternächtliche Not-Operation vor dem Tode bewahrt worden. Wenige Tage davor habe ein niedergelassener Internist ihn nicht richtig untersucht, deshalb eine akute Blinddarmentzündung übersehen und ihn damit in Lebensgefahr gebracht, wirft der Patient nun dem Arzt vor - er verlangt vor dem Landgericht MünchenI wenigstens 12000 Euro Schmerzensgeld.

Eine Not-OP um Mitternacht rettete einem Münchner das Leben. (Foto: Foto: dpa)

Schon drei Tage lang hatte der Mann unter starken Bauchschmerzen gelitten, als er von seinem Hausarzt in eine angesehene internistische Praxis überwiesen wurde. Dort nahm der Professor für Innere Medizin zwar eine Stuhl- und Blutprobe. "Trotz des sichtbar geblähten Bauchs führte er jedoch keine körperliche Untersuchung durch", bemängelte Anwältin Sabine Küchler in ihrer Klageschrift.

Als der Patient am nächsten Tag wegen der Laborbefunde in der Praxis angerufen habe, sei ihm durch eine Angestellte mitgeteilt worden, dass die Blutanalyse erhöhte Leukozyten ergeben habe. Deswegen solle er ein Antibiotikum einnehmen. Dem Mann ging es zu diesem Zeitpunkt so schlecht, dass ein Taxifahrer für ihn das Rezept einlösen und dann das Medikament nach Hause bringen musste.

Weitere zwei Tage später brachte die verzweifelte Ehefrau ihren leidenden Mann ins Innenstadtklinikum. Dort wurde sofort eine Notoperation vorgenommen, bei der die Chirurgen den Blinddarmdurchbruch feststellten. "Nach Aussage der Klinikärzte erfolgte dieser Eingriff gerade noch rechtzeitig", sagt Rechtsanwältin Küchler. "Ein weiteres Zuwarten hätte zum Tode geführt." Hätte der Internist seinen Patienten körperlich untersucht, hätte sich viel früher der Verdacht auf "Appendizitis" ergeben, wirft sie dem Professor vor.

In Betracht gezogen, aber nicht für wahrscheinlich gehalten

Spätestens bei der Übersendung des Antibiotikums hätte er seinem Patienten mitteilen müssen, dass die Leukozyten-Werte auf eine Entzündung schließen lassen, deshalb ein Verdacht auf Blinddarmentzündung bestehe und er daher weiterer ärztlicher Behandlung bedürfe. Der Professor beteuerte in der Verhandlung jedoch, seinem Patienten den Bauch abgetastet zu haben.

Eine Blinddarmentzündung habe er damals zwar auch in Betracht gezogen, jedoch aufgrund des Alters nicht für wahrscheinlich gehalten. Und da der Patient ihm vom Genuss einer aufgewärmten Fisch-Pasta berichtet habe, sei ihm die Gastroenteritis, also Brechdurchfall, wahrscheinlicher erschienen.

Da sich die Aussagen des Arztes und des Patienten widersprechen, geht das Gericht wegen eines Eintrags in der Patienten-Akte von der Version des Arztes aus: In dieser Karteikarte ist nämlich "Abdomen weich" notiert. Ein vom Gericht beauftragter Gutachter nannte diese Dokumentation zwar "etwas spärlich".

Der Professor habe jedoch gegen keine medizinischen Standards verstoßen. Er bestätigte auch, dass eine "Appendizitis in diesem Alter sehr selten" sei. Das Gericht will Ende April entscheiden, die Richter deuteten aber schon an, dass sie die Klage voraussichtlich abweisen werden (Az.:9O2615/06).

© SZ vom 07.04.2009/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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