Bildung in München:Meist geht es ums Geld

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Bayerns neuer Kultusminister kommt aus München - was bedeutet das für die Münchner Schulen? Ein Gespräch mit Bürgermeisterin Christine Strobl.

Christian Rost

Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD), zuständig für die Bildung in der Stadt, legt sich regelmäßig mit dem Freistaat an. Denn die Kommune betreibt nicht nur 120 eigene Schulen, sie ist auch für Bau und Unterhalt der staatlichen Schulen zuständig. In Verhandlungen mit dem Kultusministerium kommt es immer wieder zu Reibereien: meist geht es ums Geld, oft aber auch um den politischen Kurs, weil die rot-grüne Stadtspitze weg vom dreigliedrigen Schulsystem will. Von der CSU-FDP-Koalition und vom neuen Kultusminister erhofft sich Strobl einen besseren Dialog.

"Die Kinderbetreuung wird nicht angetastet, das steht fest." (Foto: Foto: Andreas Heddergott)

SZ: Der neue bayerische Kultusminister, der CSU-Politiker Ludwig Spaenle, ist Schwabinger. Hilft Ihnen das, wenn die Landeshauptstadt wieder über schwierige bildungspolitische Themen mit dem Freistaat verhandeln muss?

Christine Strobl: Es ist natürlich nicht schlecht, wenn ein Münchner Kultusminister ist, weil man vielleicht einen etwas kürzeren Draht zu ihm hat. Und es schadet sicher nicht, dass Herr Spaenle die Situation in München kennt, er hat schließlich selber Kinder. Insofern haben wir schon die Hoffnung, dass sich das Kultusministerium künftig etwas schneller bewegt, als es bisher der Fall war.

SZ: Gibt es schon Anzeichen für ein besseres Miteinander nach all den Streitereien um die Kosten für die Lehrer oder den Schulhausbau in den letzten Jahren?

Strobl: Es finden sich immerhin Andeutungen in der Koalitionsvereinbarung zwischen CSU und FDP. Da heißt es: "Für die kommunalen Schulen streben wir eine Erhöhung der Förderung an." Wir müssen jetzt sehen, wie wir da zusammenkommen. Etwa in der Frage der Lehrpersonalkosten an den städtischen Schulen. Die Freistaat erstattet bislang nicht einmal die Hälfte der Ausgaben in Höhe von 300 Millionen Euro, weil er pro Lehrer einen bestimmten Betrag festgesetzt hat. Mit dem zunehmenden Alter der Lehrkräfte liegen diese Kosten tatsächlich aber weit höher. Da wollen wir möglichst den gesamten Betrag zurück - was der Stadt auch zusteht.

SZ: Immerhin hat der Freistaat nach einigem Hin und Her die Kosten für den Umbau der G8-Gymnasien erstattet.

Strobl: Für das achtjährige Gymnasium musste die Stadt Mensen für die Mittagsversorgung der Schüler bauen, das kostete den Steuerzahler 64 Millionen Euro. Diese Investitionen werden durch die neuen Beschlüsse ad absurdum geführt. Laut Koalitionsvereinbarung wird es "ab dem laufenden Schuljahr weniger Tage mit verpflichtendem Nachmittagsunterricht geben". Damit werden die Mensen vermutlich an vielen Tagen nicht mehr genutzt. Der Freistaat handelt nach dem Motto: rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. So kann es nicht gehen.

SZ: In einem anderen Punkt nähert sich das Land dem Kurs der Stadt an: CSU und FDP wollen die Ganztagsbetreuung an allen Schulen ausbauen. Das muss doch bei Rot-Grün im Rathaus gut ankommen.

Strobl: An den Hauptschulen sind bereits einige Ganztagszüge genehmigt worden, das sehen wir durchaus positiv und investieren da als Sachaufwandsträger auch entsprechend. Die Mittel für die Umbauten hat der Stadtrat bereits im Frühjahr freigegeben. Gerade in einer Stadt wie München mit großen sozialen Unterschieden und daher vielen benachteiligten Kindern müssen aber unserer Meinung nach auch die Grundschulen stärker mit Ganztagsangeboten ausgestattet werden. Aber da sieht es düster aus: Bislang gibt es lediglich drei Grundschulen mit Ganztagszügen. Und das geplante neue Gymnasium in Trudering wird auch keine Ganztagsschule, das hat der Freistaat bereits abgelehnt.

SZ: Was die Hauptschulen betrifft, die Sie am liebsten abschaffen würden, ...

Strobl: ... sieht man ebenfalls kaum Reformansätze bei CSU und FDP. Es soll zwar die Kooperation von Haupt- und Realschule erprobt werden, aber mit der Einschränkung, dass beide Schularten eigenständig erhalten bleiben. So wird das dreigliedrige Schulsystem mit der vierjährigen Grundschulzeit zementiert. Das ist wirklich bitter, da bin ich von der FDP enttäuscht. Man ignoriert die Forderungen, die ja immer lauter werden, die Kinder wenigstens sechs Jahre zusammenzulassen. Und man ignoriert, dass die Hauptschulen aufgrund geringer Schülerzahlen auf dem Land ausbluten. Meiner Auffassung nach sollten die Kinder grundsätzlich bis zur zehnten Klasse zusammenbleiben.

SZ: Es ist angekündigt, Schüler beim Übertritt aufs Gymnasium in Gelenkklassen zu testen und den Elternwillen bei der Entscheidung über die Schullaufbahn zu stärken. Ist das nicht ein erster Schritt in die richtige Richtung?

Strobl: Das ist vor allem ein Versuch, die Diskussion ein wenig abzumildern, indem man sich mit Brücken behilft. Die Gelenkklasse soll nur an einer vierten Klasse und ansonsten in ausgewählten fünften Klassen in ganz Bayern erprobt werden. Wirklich angegangen werden die Probleme also nicht. Man muss endlich sehen, dass in einer Stadt wie München doch vor allem die Kinder aufs Gymnasium gehen, bei denen auch die Eltern unterstützend tätig sind und sein können. Schüler, die begabt sind und diese Unterstützung nicht bekommen, haben das Nachsehen. Mit Bildungsgerechtigkeit hat das nichts zu tun.

SZ: Manche Probleme im Bildungsbereich in München können Sie aber nicht dem Land anlasten: Die Gymnasien leiden unter akuter Raumnot, was die Stadt beheben müsste. Und auch manche Grundschule, gerade in der Nähe von Neubaugebieten, braucht Entlastung. Warum dauert es so lange, bis neue Projekte auf den Weg gebracht werden?

Strobl: Die Bauten lassen sich nicht von heute auf morgen realisieren. Die Planungsabteilung im Schulreferat tut schon ihr Möglichstes und hat die Kapazitätsgrenze erreicht. Bei den Gymnasien muss man einräumen, dass die Entwicklung der Schülerzahlen etwas unterschätzt wurde. Darauf hätten wir uns früher einrichten sollen. Momentan stehen aber eine Reihe von Erweiterungen an, und die drei neuen Gymnasien für Trudering, den Münchner Norden und Freiham sind auch auf den Weg gebracht. Dies sollte für den Bedarf der nächsten Jahre reichen. Bei den Grundschulen hapert es weniger an der Planung, da haben wir auch mit dem Elternwillen zu kämpfen. In Nymphenburg etwa wollten viele ihre Kinder partout nicht in einen anderen Sprengel schicken.

SZ: Im Zuge der Finanzkrise drohen der Stadt Steuerausfälle. Wird dann auch der Bildungsbereich darunter leiden, der ohnehin bis zum Jahr 2011 Konsolidierungsbeiträge zum Haushalt leisten muss?

Strobl: Die Kinderbetreuung wird nicht angetastet, das steht fest. Und was ein Muss ist im Schul- und Bildungsbereich, auch daran werden wir festhalten. Wenn Einsparungen nötig sein werden, schauen wir schon genau hin, wo was gemacht wird.

SZ: Selbst wenn es schlimm kommt, kann die Stadt alle ihre kommunalen Schulen behalten?

Strobl: Die Frage stellt sich nicht, denn der Freistaat würde sie uns aus finanziellen Gründen derzeit sowieso nicht abnehmen. Außerdem wollen wir das kommunale Schulwesen erhalten.

© SZ vom 11.11.2008/reb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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