Benefiz-Gala:"Armut ist keine Ausrede"

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Auma Obama hält beim Spendenabend der Baywa-Stiftung ein Plädoyer für Afrika

Von Thomas Becker

Als die Keynote mit "Guten Abend allerseits" beginnt, schrickt man kurz zusammen. Nein, es ist nicht Heribert Fassbender, der da oben steht, sondern wie angekündigt Auma Obama, die ältere Halbschwester des früheren US-Präsidenten. Deutsch hat die Endfünfzigerin 1980 in Saarbrücken gelernt. Heinrich Böll und Wolfgang Borchert hatten es der Kenianerin angetan, über ein Stipendium landete sie im Saarland, promovierte über die Einstellung zur Arbeit in Deutschland und Kenia. Das Verhältnis ihres Kontinents zur sogenannten ersten Welt beschäftigt sie immer noch und führte sie letztlich auch auf die Bühne der neunten Benefiz-Gala der Baywa-Stiftung.

Seit 21 Jahren fördert die Stiftung des größten deutschen Agrarkonzerns in elf Ländern die Bildung in den Bereichen gesunde Ernährung und erneuerbare Energie. Auch mit Obamas Stiftung Sauti Kuu (Kisuaheli für "starke Stimmen") gibt es Pläne. Und da so was Geld kostet, lädt der Vorstandsvorsitzende Klaus Josef Lutz jedes Jahr Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zur Gala ein, diesmal kommen rund 460 in die Eisbachstudios. Dresscode: Spendierhosen. Im Grußwort mahnt Kultusminister Michael Piazolo mit den Worten André Gides: "Das Geheimnis des Glücks liegt nicht im Besitz, sondern im Geben." Und Lutz fügt noch den pragmatischen Nutzen an: "Wenn man Gutes tun kann, ist das auch marketingmäßig nicht ganz verkehrt."

Mitbestimmung und Eigenverantwortung, sonst funktioniert Entwicklungshilfe nicht: Auma Obama hält eine eindringliche Rede bei der Baywa-Stiftung, die künftig mit ihrer eigenen Stiftung zusammenarbeiten will. (Foto: Catherina Hess)

So weit die Erwartungshaltung an die Spender in spe, allesamt Hochleister mit durchaus beachtlicher Prokura. Da es sich aber mit leerem Magen schlecht spendet, schwebt ein Käfer-Menü auf die Tische: gedämpfte Goldforelle mit Wildkräutern und Salz-Zitrone-Marmelade. Gastgeber Lutz hat zuvor versprochen, nicht wieder mit dem Klingelbeutel durch die Reihen zu gehen wie im vergangenen Jahr, vielmehr sollten die auf den Spendenzetteln notierten Zahlen in einen digital wachsenden Spenden-Baum eingespeist werden. Als der Spaß los geht, sind schon 145 000 Euro auf dem Konto: Erlöse aus den verkauften Gala-Tischen und 10 000 Euro, die der rastlose Lutz noch am Morgen bei einem Termin eingesammelt hat. Moderator Alexander Mazza berichtet von einer Studie, derzufolge soziales Engagement Stress abbaut. Na dann!

Auf der Bühne hat nun Maria Thon, Geschäftsführerin der Baywa-Stiftung, das Wort. "Zunehmendes Übergewicht der Kinder, Plastik in den Meeren, Mikroplastik in Lebensmitteln, Abholzung der Wälder - diese Themen begleiten uns tagtäglich. Wir können nicht länger warten, wir müssen handeln." Womit sie zur Keynote überleitet, zu Auma Obama. Sie spricht eindringlich über die Opfer-Mentalität in Afrika und erklärt, warum Entwicklungshilfe so nicht funktioniert: weil Mitbestimmung und Eigenverantwortung fehlen. Ihr Beispiel-Dreisatz: "Bringt uns keinen Fisch. Zeigt uns nicht, wie man angelt. Fragt uns, ob wir Fisch essen!" Ihre Forderung: "Nehmen wir Afrika ernst! Wir wollen keine Almosen! Die jungen Leute müssen Teil der Wertschöpfungskette werden. Armut ist keine Ausrede."

Ein Holzbaum für das Projekt Waldschule: Minister Michael Piazolo überreicht eine Auszeichnung der Vereinten Nationen an Stiftungschefin Maria Thom. (Foto: Catherina Hess)

Da ist Konfuzius, den Piazolo zitiert hatte, nicht weit: "Erkläre mir, und ich vergesse. Zeige mir, und ich erinnere. Lass es mich tun, und ich verstehe." Mit diesen Worten überreichte der Minister eine Auszeichnung der Vereinten Nationen für ein Schulprojekt der Stiftung, die "Waldschule". Doch unten im Saal klappt das mit dem Tun nicht so recht: Vor der Hauptspeise ist der Spendenbaum auf 225 000 Euro gewachsen, aber die angepeilte halbe Million noch weit weg. Doch das Medaillon vom Black Angus mit Maronenkruste und Trüffeljus-Espuma zeigt Wirkung: Als abserviert wird, ist der Baum 515 000 Euro groß. Der Saal lässt sich nicht lumpen, nach sanftem Druck des Gastgebers sind es 600 000 Euro, dann erfolgt die traditionelle Verdoppelung durch die Baywa: auf 1,2 Millionen Euro. Lutz bedankt sich mit warmen Worten: "Ich bin stolz auf euch - und werde euch in mein Nachtgebet einschließen." Gute Nacht allerseits.

© SZ vom 14.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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