"Beleidigung auf sexueller Basis" im Bus:Mann belästigt Zehnjährige

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Ein 46-Jähriger hat in einem Bus ein Mädchen sexuell belästigt. Niemand half dem verschüchterten Mädchen - nur ein junger Türsteher griff ein.

Susi Wimmer

Der Bus der Linie 55 war vollbesetzt, als er am Montag vom Ostbahnhof abfuhr. Sehr viele Fahrgäste müssen gesehen haben, wie sich der betrunkene 46-Jährige zu einer zehnjährigen Schülerin auf den Sitz zwängte, ihr über den Kopf streichelte, sich an ihr rieb und sie verbal sexuell aufs Heftigste beleidigte und bedrängte.

Thomas schützte eine Zehnjährige vor einem Sextäter. (Foto: Foto: Polizei/oh)

Doch niemand schritt ein, niemand half dem verschüchterten Mädchen, das weinte und leise um Hilfe flehte. Nur Thomas griff ein: Der 19-jährige Student brachte das Kind in Sicherheit, hielt den Aggressor bis zum Eintreffen der Polizei in Schach. Diese nahm den Mann vorläufig fest, die Staatsanwaltschaft ließ den Täter wieder frei.

Thomas und seine Freundin Ricarda stiegen am Montag gegen 14.45 Uhr in den 55er Bus, um nach Hause zu fahren. Vorne, auf dem Einzelsitz neben dem Fahrer, nahm die Schülerin aus dem Landkreis München Platz. Zum ersten Mal wollte sie einen anderen Heimweg von der Schule ausprobieren, einen Weg, der schneller gehen sollte.

Schon an der Haltestelle hatte sie ein völlig Betrunkener mit obszönen Gesten belästigt, jetzt war der Mann im Bus neben ihr, zwängte sich auf den Sitz, attackierte sie körperlich und verbal. Empörten Fahrgästen erklärte er, dass die Kleine seine Tochter sei. Damit gaben sich die Leute zufrieden. "Was er macht, gehört nicht in diese Welt", dachte sich hingegen Thomas, der sich einen Sitz hinter dem Täter befand.

Er brachte das Kind zu seiner Freundin in Sicherheit und nahm es mit dem 100-Kilo-Mann auf.

"Schmeißt ihn raus", rief ein Fahrgast. Als Thomas ihn aufforderte, ihm zu helfen, kam die Antwort: "Ich möchte da nicht dazwischengehen."

Dass sich Thomas einmischte, hängt auch damit zusammen, dass er eine Ausbildung als Türsteher hat. "Da lernt man, wie man Menschen beruhigt und solche Situationen löst", sagt er.

Jetzt möchte er nur noch wissen, wie es dem Mädchen geht. Der Täter hatte der Zehnjährigen immer wieder gesagt, dass er sie mit nach Hause nehmen und es zum Geschlechtsverkehr kommen werde. Daran könne ihn keiner hindern.

Die Polizei stufte den Vorfall als sexuellen Missbrauch ein, der zuständige Staatsanwalt hingegen sah lediglich eine "Beleidigung auf sexueller Basis".

Der 46-Jährige ist jetzt wieder in Freiheit. Die Polizei sucht dringend eine Frau aus dem Bus als Zeugin. Sie hatte orangefarbenes Haar und sprach mit Berliner Dialekt.

© SZ vom 29.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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