Bedrohung:Justiz greift rigoros durch

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Amtsgericht verurteilt einen Mann, der angedroht hat, ein Flüchtlingsheim anzuzünden

Von Christian Rost

Bei Drohungen gegen Asylbewerberunterkünfte greift die Münchner Justiz rigoros durch. Am Dienstag verurteilte das Amtsgericht einen 57-Jährigen wegen Störung des öffentlichen Friedens zu einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Mann, der wohl aus Frust über seine privaten Probleme gesagt hatte, er werde eine Unterkunft für Asylbewerber anzünden, hat aber keinen rechtsradikalen Hintergrund und war bislang auch nicht einschlägig vorbestraft. Das Urteil und die Höhe des Strafmaßes sind angesichts der vielen Straftaten gegen Flüchtlingseinrichtungen als Signal "zur Verteidigung der Rechtsordnung" zu sehen, wie es die Staatsanwältin ausdrückte.

Heinrich P. hat Schlosser gelernt, ist aber schon seit Jahren arbeitslos. Er bezieht Hartz IV, hat keine eigene Wohnung und führt seit 23 Jahren eine Beziehung mit einer Frau, die mit ihrer ondulierten Haartracht eine auffällige Erscheinung ist und psychische Probleme hat. Meistens darf Heinrich P. bei ihr wohnen, wenn sich das Paar aber zofft, und das kommt des Öfteren vor, setzt sie ihn vor die Tür. Dann muss er ins Männerwohnheim oder sich im Freien einen Schlafplatz suchen. Vor dem 21. Juli dieses Jahres gab es offenbar wieder Schwierigkeiten zwischen beiden. Jedenfalls lief P. gefrustet durch die Stadt und kam an einer Baustelle in der Schleißheimer Straße vorbei, wo eine Allgäuer Firma im Auftrag der Stadt eine Asylbewerberunterkunft in Holzbauweise errichtet.

Der Geschäftsführer der Zimmerei, Heinz W., stand in der Nähe des Bauzaunes, als sich der Angeklagte näherte und wissen wollte, ob das Haus für Asylbewerber gebaut werde. W. antwortete ausweichend, und als P. noch wissen wollte, ob das Gebäude aus Holz bestehe, bejahte dies der Geschäftsführer. Heinrich P. nahm dies zufrieden zur Kenntnis und sagte: "Dann brennt es ja gut. Und wenn da Asylanten reinkommen, dann zünde ich es an." Anschließend ging er weiter. Heinz W. blieb verstört zurück, zückte dann aber sein Handy und versuchte, P. zu fotografieren. Auch Achim D., der Bauleiter des Projekts, machte Fotos, nachdem ihm W. von dem Vorfall berichtet hatte. Ihre Aufnahmen übergaben sie der Polizei.

Ein Kriminalbeamter brauchte nicht lange, um Heinrich P. zu ermitteln. Der Polizist hörte sich bei einem Damenkränzchen in einem Café in der Gegend um, und die Frauen kannten P. und seine auffällige Freundin vom Sehen. Im August wurde der Mann festgenommen und kam in Untersuchungshaft. Vor Gericht entschuldigte er sich kleinlaut für sein Verhalten, erklären konnte er es aber nicht. Und weil er auch noch zehnmal als Schwarzfahrer erwischt worden war, bekam er von Richterin Ines Tauscher noch einen Strafzuschlag. Als Bewährungsauflage muss sich P. jetzt eine eigene Wohnung suchen, damit beim nächsten Krach mit der Freundin nicht wieder etwas passiert.

© SZ vom 11.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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