Bayerisch-israelischer Freundschaftsabend:Wein und Wunder

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Landtagspräsidentin Barbara Stamm, der israelische Generalkonsul Dan Shaham und Herlinde Koelbl (v.li.) plaudern über deutsch-israelische Freundschaft. (Foto: Florian Peljak)

Bei der Eröffnung von Herlinde Koelbls Jerusalem-Schau treffen sich Bayern und Israelis

Von Martina Scherf, München

Hoffnung. Das ist ein Gefühl, das an diesem Abend alle teilen, jeder auf seine Art. Für die Hoffnung auf Frieden stehen vor allem die Menschen, die Herlinde Koelbl in Jerusalem getroffen hat. Die Fotografin porträtierte Juden und Palästinenser - Ehepartner, Arbeitskollegen, Lehrerinnen -, die sich jeden Tag aufs Neue dem Hass zwischen ihren Völkern und Religionen widersetzen und an einer gemeinsamen Zukunft arbeiten. "Es mögen Tropfen in einem Ozean sein", sagt Koelbl bei der Eröffnung ihrer Ausstellung im Bayerischen Landtag am Montagabend, aber es müssten eben immer mehr Tropfen werden, damit eines Tages vielleicht eine Welle der Verständigung daraus werde.

Koelbl, eine der bekanntesten Fotografinnen Deutschlands, war für das Projekt "Gesichter von Jerusalem" im Auftrag der Jerusalem Foundation in die geteilte Stadt gereist. Die Stiftung, 1966 von Teddy Kolleck, dem ehemaligen Bürgermeister von Jerusalem gegründet, ist weltweit aktiv und fördert den Austausch von Juden, Christen und Muslimen. Zum Beispiel die einzigartige "Hand in Hand School", die jüdische und arabische Schüler in beiden Sprachen bis zum Abitur unterrichtet. "Dort entwickeln sich künftige Friedensbotschafter", sagt Gabriele Appel, die Leiterin der deutschen Sektion der Jerusalem Foundation.

"In Jerusalem ist alles extremer als in anderen israelischen Städten", sagt Koelbl. Umso mehr sei sie von den Menschen beeindruckt, die allen Anfeindungen zum Trotz Grenzen überwinden. Diese Menschen wollte sie ins Licht rücken, "es wird ja zu oft nur das Negative und Trennende aus Israel berichtet". Ein Projekt habe sie besonders beeindruckt: In einem Problemviertel Jerusalems hätten Nachbarn wöchentliche Begegnungen arrangiert, sie treffen sich einmal in einem jüdischen Haus, einmal in einem arabischen. In einem Restaurant traf sie den Koch Mahmoud Aba Al Hawa, der ihr erzählt hat: "Mit der Arbeit in der Küche ist es ganz einfach, es dreht sich alles ums Essen. Wir kochen für alle Gäste, ob Juden, Araber oder Christen."

Um Begegnungen geht es auch an diesem bayerisch-israelischen Freundschaftsabend im Maximilianeum. Das israelische Generalkonsulat hat zahlreiche Gäste aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft eingeladen. "Israel ist wie Bayern ein demokratisches Land", sagt Landtagspräsidentin Barbara Stamm zur Begrüßung, "aber das Miteinander der Religionen ist nicht immer leicht. Israel braucht Freunde, und Bayern ist so ein Freund." Beide Seiten könnten "gar nicht genug Begegnungen haben", um voneinander zu lernen, sagt die CSU-Politikerin.

Seit die diplomatische Vertretung Israels 2011 in München eröffnet wurde, sagt Generalkonsul Dan Shaham, seien sehr viele Brücken gebaut worden. "Wir haben eine Vision von Versöhnung und Öffnung zwischen unseren Ländern verwirklicht." Shaham wird München im Sommer verlassen und nach Jerusalem zurückkehren. Er blickt zufrieden auf seine Zeit in Bayern. Der Austausch habe Früchte getragen. Im Publikum sitzen auch bayerische Schüler und Lehrer, die an solchen Programmen teilgenommen haben. Bevor Shaham geht, hat er noch ein neues Projekt angestoßen: Gemeinsam mit Google werde man künftig Start-ups fördern. Deshalb sitzt auch die Münchner Google-Vertreterin Katharina Lindenthal auf dem Podium. "Giga" nennt sich die Initiative: "German Israeli Growth Accelerator".

Israel ist ein Land, in dem Start-ups nur so aus dem Boden sprießen, betont Moderator Emanuel Rotstein vom TV-Sender Biography Channel. Die Gegend um Tel Aviv gelte in der Szene längst als "Silicon Wadi", das passe doch hervorragend zum "Isar-Valley", in dem ebenfalls gute Bedingungen für Start-ups herrschten, schon allein wegen der klugen Köpfe, die aus den beiden Münchner Spitzenuniversitäten hervorkämen. Das findet auch Mark Kranz, der zehn Jahre in Tel Aviv lebte und jetzt für die weltweit expandierende Firma "Mindspace" nach München gekommen ist. Mindspace bietet flexible Büroeinheiten für junge Gründer, Start-ups oder Unternehmer an. Im August wird ein neuer Co-working-Space am Viktualienmarkt eröffnet, ein weiterer ist in der Innenstadt geplant. Dort, so Manager Kranz, sollen sich kreative Köpfe zum "Speeddating" treffen. Sie werden sich "connecten" und "mingeln", und dann, so seine Hoffnung, "kann jeder seinen Benefit draus ziehen".

Künstliche Intelligenz sei das Thema der Zukunft, sagt Lindenthal noch, es gebe unendlich viele Möglichkeiten. Und Hoffnungen machen sich auch die Winzer eines deutsch-israelischen Partnerprojekts. Die Fränkin Andrea Wirsching hat einen koscheren Wein im Bocksbeutel mitgebracht. Den 2016er Iphöfer Silvaner hat ein Rabbi gekeltert, ganz nach strenger Sitte, nun kann er weltweit mit dem Zusatz "koscher pessach" verkauft werden, das heißt, er darf auch an Pessach getrunken werden, das eröffnet ganz neue Marktsegmente.

Bei Wein und Häppchen wird also gemingelt und connected, Karl Freller von der Stiftung Bayerische Gedenkstätten ist da, Ellen Presser von der Israelitischen Kultusgemeinde, und die künftige Generalkonsulin Israels Sandra Simovich. Sie lässt sich von BR-Intendant Ulrich Wilhelm beim herrlichen Blick über das abendliche München schon mal die Vorzüge der Stadt erklären. Auch Barbara Stamm scheint den Abend zu genießen. "Bleiben Sie, solange sie wollen", hatte sie den Gästen gesagt. Manche folgen dann tatsächlich noch Herlinde Koelbls Aufforderung, lesen auch die Texte zu ihren Bildern. "Der Messias ist noch nicht gekommen. Deshalb dürfen wir uns nicht auf Wunder verlassen, sondern müssen weiter arbeiten, um uns mit unseren arabischen Nachbarn zu verständigen", sagt da der weise alte Rabbi Shlomo Pappenheim.

© SZ vom 31.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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