Bauunternehmer und Tantris-Mäzen:Kulinarische Träume in Rot und Orange

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Sigrid-Ursula und Fritz Eichbauer, hier bei der Vernissage zum 150. Bestehen der Galerie Bernheimer, besuchen gerne Sterne-Restaurants. (Foto: Stephan Rumpf)

Fritz Eichbauer feiert seinen 90. Geburtstag

Von Franz Kotteder, München

Die lieben Mitmünchner werden sich damals, 1971, ganz schön das Maul zerrissen haben über den Bauunternehmer Eichbauer. Einen Gourmettempel lässt er sich in Nordschwabing hinstellen, weil es bei uns nichts Gescheites zu essen gibt! Und einen Österreicher lässt er kochen! Klarer Fall: Der Eichbauer Fritz wird langsam größenwahnsinnig.

Ja, so fanden die Münchner das damals, dass Eichbauer in seinem Schwabinger Neubaugebiet nicht nur Wohnblocks errichtete, sondern auch das Tantris. Das wurde gebaut nach den Plänen des Schweizer Avantgarde-Architekten Justus Dahinden und war ein Siebzigerjahre-Traum in Rot und Orange. Für die Küche holte sich Eichbauer den aufstrebenden jungen Koch Eckart Witzigmann, der sich gerade anschickte, in Washington Privatkoch der Kennedys zu werden. Aber Eichbauer gelang es, ihn abzuwerben. Was Witzigmann anfangs sehr bedauerte. Denn die Münchner hatten damals, in den ersten Jahren, gar keine Ader für seine Art der verfeinerten Hochküche, für seine Variationen der österreichischen Küche im französischen Stil. Sie wollten immer nur möglichst große, blutige Steaks vom Grill, den es damals noch gab im Tantris. Bis Witzigmann eines Tages der Kragen platzte und er den Grill rausreißen ließ.

An diesem Mittwoch feiert der Bauunternehmer Fritz Eichbauer nun seinen 90. Geburtstag. Man darf wohl sagen, dass er, was das Tantris angeht, auf voller Linie Recht behalten hat gegenüber seinen Mitmünchnern. Witzigmann gelang es in einem zähen Kampf, zusammen mit anderen natürlich, die Deutschen für die gehobene Küche zu begeistern, und das Tantris gilt bis heute als Keimzelle der neuen deutschen Gourmetkultur. Und alles nur, weil Eichbauer es leid war, ins Ausland zu reisen, wenn er mal gut essen wollte - das gab er jedenfalls als Grund an, warum er das Tantris erfunden hatte. Ganz nebenbei wurde das exzentrische Gehäuse des Lokals 2012 auch noch unter Denkmalschutz gestellt. Anfang der Siebzigerjahre war es noch verspottet worden, als "Feuerwache", oder als "Autobahnkapelle".

Eine späte Genugtuung für seinen Eigentümer. Denn wenn das gute Essen Eichbauers liebstes Hobby war, so war das Bauen schließlich seine Profession. Zwei Jahre vor seiner Geburt, 1925, hatte sein Vater Georg die Baufirma gegründet. Sohn Fritz machte Abitur und begann eine Maurerlehre, 1948 legte er die Gesellenprüfung ab und studierte dann noch Bauingenieurwesen an der Technischen Hochschule. Sechs Jahre später übernahm er die Geschäftsführung des elterlichen Betriebs.

Der profitierte sehr vom Bauboom, der in den Sechzigerjahren richtig in Schwung kam. Eichbauers Firma baute das Europäische Patentamt an der Isar und die Amalienpassage in der Maxvorstadt mit 200 Wohnungen, dort fand sich übrigens auch mit der Terrine ein kleiner Ableger des Tantris. Für das gesamte Ensemble bekam Eichbauer von der Stadt 1977 auch einen Ehrenpreis für guten Wohnungsbau als Beispiel "für vorbildliche Altstadtsanierung". Das war nur eine Auszeichnung in einer Reihe vieler anderer. Schon 1971 hatte er zum Beispiel den begehrten Preis des Bundes deutscher Architekten für eine Terrassen-Wohnanlage in Ottobrunn, entworfen von dem Architekten Herbert Kochta, erhalten. Auch sie steht inzwischen unter Denkmalschutz. "Gute Bauten können nur entstehen", sagte Eichbauer einmal, "wenn Bauherr und Architekt sich verstehen." Offenbar hat er sich mit Architekten doch ganz gut verstanden. Obwohl ihm anfangs der Gedanke, "sich die nächsten 40 Jahre nur mit Architekten rumzustreiten", etwas unheimlich gewesen war. Das Tantris, erzählte er später, sei da auch so eine Art Befreiung für ihn gewesen.

Inzwischen hat längst sein Sohn Felix die Geschäfte übernommen, nicht nur in der Baufirma, sondern auch im Tantris. Es ist zwar durchaus vorstellbar, dass Fritz Eichbauer sich, trotz einer gewissen Gelassenheit des Alters, immer noch ganz gut mit Architekten rumstreiten könnte, so quicklebendig, wie er nach wie vor ist. Anscheinend zieht er es aber vor, auswärts essen zu gehen. Denn in den vergangenen Jahren fehlte er dann doch öfters mal bei offiziellen Ereignissen, und die Begründung lautete stets: Er sei mit seiner Ehefrau Sigrid-Ursula gerade "auf einer Genuss-Reise" oder besuche dieses oder jenes Sterne-Restaurant in einem fernen Land. Merkwürdig, eigentlich: Schließlich hat er das Tantris doch eröffnet, um nicht mehr reisen zu müssen?

© SZ vom 24.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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