Baumschutzverordnungen:Erst fällt die Regel, dann der Baum

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Während manch Leser auf die Vernunft der Bauherren setzt, kommt eine aktuelle Warnung aus Duisburg: Ohne Verbot werde abgeholzt

"Axt angelegt" vom 23. Januar über das kommunale Naturschutzinstrument der Baumschutzverordnung und über einen Bürgerentscheid in Schweinfurt dazu:

Alles halb so wild

Ja, die Baumschutzverordnung, wenn sie denn gilt, ist ein Instrument, welches das Bauen schwer und teuer macht. Es ist nicht so, dass ich als Architekt etwas gegen Bäume hätte, auch der Nutzen ist mir durchaus bekannt. Die Baumschutzverordnung nötigt uns aber im Alltag immer wieder städtebauliche Kompromisse ab, die dann hoffentlich Jahrzehnte lang im Städtischen Raum stehen und fragwürdig werden, wenn der Baum, den es zu erhalten galt, seiner Natur entsprechend ein paar Jahre später den Geist aufgibt.

Aus meiner Erfahrung greift die gewünschte Selbstverantwortung bei unseren Bauherren immer. Bei kleineren Projekten wird auf die Gestaltung des Außenraums immer deutlich mehr Wert gelegt, als es eine Baumschutzverordnung vorsehen kann. Ich ärgere mich aber täglich über die eindeutige Ungleichbehandlung bei den "Kleinen" und den "Großen". Während am Altstadtring in München alle Bäume fallen, diskutieren wir mit der Unteren Naturschutzbehörde stundenlang vergeblich über einen falsch stehenden, verkrüppelten Strauch, den dann der Bauherr frustriert ohne Genehmigung selber fällt. Wenn dann mit Strafe gedroht wird, stellt sich mir die Frage, wo eigentlich ein Schaden entstanden ist, wenn ich einen selbst gepflanzten Baum nach 20 Jahren wieder fälle, weil ich dort Platz für meine Kinder brauche. Ich hätte dann ja auch für die 20 Jahre Zucht und Erhalt des Baumes belohnt werden können.

Im Übrigen haben sie einen ganz wichtigen Punkt im Bericht vergessen: Seit 2010 gibt es zusätzlich eine Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes, das Baumfällungen zwischen 1. März und 30. September aufgrund des allgemeinen Artenschutzgesetzes grundsätzlich verbietet, weil dort brütende Vögel vertrieben werden könnten. Unabhängig von der Tatsache, dass das natürlich die normalen "Baumonate" sind, wünsche ich mir eine solch lange und strikte Schutzzeit auch für brütende Menschen. Michael Biedermann, München

Alles wilder als befürchtet

Nein, der Ruck geht nicht von Schweinfurt aus, sondern von der weit im Westen gelegenen Stadt Duisburg. SPD-Bürgermeister mit SPD- und CDU-Fraktion (Koalition) gemeinsam mit FDP und den Wählerlisten Junges Duisburg (JuDu) und Duisburger Alternative Liste (DAL) fällten bereits am 1. Januar 2016 die Baumschutzverordnung. Seitdem werden munter privat und kommunal Bäume umgelegt, meines Wissens bisher 3000 Bäume. Der Bund für Natur- und Umweltschutz Duisburg führt ein Baumfällkataster, da können Sie bei Interesse die genauen Zahlen erhalten. Das könnte helfen, das Ausmaß der negativen Auswirkung einer bereits abgeschafften Baumschutzsatzung auf das Grün in einer Stadt an diesem konkreten Beispiel darzulegen. Es geht nicht nur um "ein paar Bäume". Irene Schiefen, Duisburg

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© SZ vom 25.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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