Bands aus der Region:Elektrobeats aus dem Kuhstall, Hip-Hop aus dem Keller

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Ohne die Bands aus dem Umland würde die Münchner Musikszene überhaupt nicht existieren - ein Überblick

Michael Bremmer

Von wegen Laptop und Lederhosn - in München regieren Keyboard und Schrammelrock. Münchens Musikszene lebt. Aber ohne die Bands aus dem Münchner Umland würde es in der Landeshauptstadt überhaupt keine Szene geben. Man denke nur an die Sportfreunde Stiller aus Germering, Notwist aus Weilheim, Schandmaul aus Gröbenzell, Bananafishbones aus Bad Tölz. Aber das ist noch lange nicht alles - ein Überblick:

Rock,Metal,Gothic

RPWL

Mit Sicherheit kein Bandname, mit dem man Karriere machen muss. Die Jungs aus Freising haben es mit ihrem Progressive-Rock dennoch geschafft, auch wenn sie in München und Umgebung nahezu keiner kennt. Angefangen hat alles 1997 als Pink Floyd-Cover-Band. Mittlerweile spielen sie schon einmal im WDR-Rockpalast, lassen Ray Wilson (Ex-Genesis) auf ihrer CD mitsingen, gehen regelmäßig auf Europatour und bringen jede Menge Tonträger an den Mann - vom aktuellen Album ,,world through my eyes'' sind bereits 25000 Exemplare verkauft. Was sich die Band jetzt noch wünscht? ,,Liebe und Frieden!" Das meinen sie auch so (www.rpwl.de).

EmilBulls

Musikalisch gesehen das Beste, was je eine Klosterschule hervorgebracht hat. Wohl auch das Härteste, hört man das Mix aus poppigen Hymnen und brachialen Rock. Längst sind die Jungs Höhenschäftlarn entwachsen. Ihre Fans sitzen in ganz Deutschland, den nächsten Gig spielen sie in Paris (La Maroquinerie, 5. November). Vergessen ist die Heimat deswegen nicht. 2007 erscheint ein Live-Album, aufgenommen bei einem Bierzelt-Gig in Pullach (www.emilbulls.de).

Weto

13 Jahre nach der Bandgründung kommt jetzt der Neuanfang. 1993 waren es fünf Jungs aus Fürstenfeldbruck, die nach der Schule Deutschrockmucke machen wollten. Heute sind es die vier Jungs von Schandmaul (plus Heiner Jaspers von Regicide), die neben ihrem erfolgreichen Mittelalter-Folkrock kräftig auf die Lauscher geben wollen. Nicht zuletzt deswegen heißt das neue Album (erscheint am 24. November) ,,Das zweite Ich'' (www.wetomusic.de).

Bolzplatz Heroes

Aufgewachsen auf den Bolzplätzen im Münchner Oberland, laut geworden in den führenden Bands Münchens: Sportfreunde Stiller, Notwist sowie Cosmic Casino. Eine Allstar-Band ohne Pop-Allüren, die ein schmutziges Rockbrett abliefert - so wie es sich für eine Bolzplatz-Combo auch gehört (www.bolzplatz-heroes).

A Life Divided

Harter Metal trifft auf eingängige Elektro-Beats, irgendwo zwischen Depeche Mode und Bon Jovi - und das aus Geretsried. Im Sommer war die Band Support von Oomph bei deren Deutschlandtour - und jetzt haben sie sogar eine Fanbase in den USA (www.a-life-divided.de).

Beyound the void

Nennt es Dark-Rock, nennt es Gothic: Die Musik ist laut und die Musiker sind auf den Pressefotos weiß geschminkt. Seit diesem Jahr steht die Band aus Olching bei Chris Pohl unter Vertrag - Spötter nennen ihn den ,,Dieter Bohlen der Gothic-Szene'' (www.beyondthevoid.de).

Pop,Indie,Songwriter

Crash Tokio

Geprägt von ihrer Jugend in der Indie-Hochburg Moosburg, abgehärtet von ihren musikalischen Startversuchen als ,,Abi-Band'', ermutigt durch die ersten beiden Veröffentlichungen ,,We Love You No More'' ( Blickpunkt Pop 2001) sowie ,,We are Plastic'' (Tapete Records, 2004) wagen Nina Kränsel und ihre drei Jungs jetzt den Abschied vom bloßen Indie-Poprock und drehen kräftig an der Discokugel. ,,Heads, we're dancing'' heißt das neue Album, große Melodien treffen auf Synthie-Gefrickel, feine Harmonien treffen auf elektronische Beats: Es darf getanzt werden (www.crashtokio.com)!

Campus, in den Händen von Sportfreunde Stiller-Entdecker Marc Liebscher und schon alleine deswegen für einen Überraschungserfolg gut. Die Vorgängerband hieß Oh! Cult Voodoo Shop und war die Indie-Vorzeigecombo Fürstenfeldbrucks. Mittlerweile sind die Jungs erwachsener geworden - und mit ihrem neuen Song ,,A New Beginning'' auf dem aktuellen ,,Bravo-Sampler'' vertreten. Eine kleine Hymne ist das - und doch noch verschwurbelt genug, um an die alten Indie-Tage zu erinnern (www.onthecampus.com).

Julian Heidenreich

Wollte eigentlich mit seiner Grungeband Rotamind Karriere machen - nach einem letztendlich gescheiterten Major-Deal geht der junge Mann vom Ammersee 2004 ins Studio, um ein Soloalbum aufzunehmen. ,,The Secular Proof'' (2005, neuwerk 13/Edel) heißt das Debüt und der Stern lobt: ,,So schöne, nachdenkliche Songwriter-Kunst haben wir in diesem Jahr noch nicht gehört.'' Ganz große Songs, die Julian Heidenreich zuletzt ermöglichte, als Support der US-Sängerin Heather Nova in richtig großen Hallen zu spielen (www.julian-heidenreich.de).

Polcid AC

Ein Bauernhof in Hohenschäftlarn als Ort der Inspiration - klingt nach der Kultserie ,,Irgendwie und sowieso''- doch statt Beatles-Mucke lassen hier Paul Rzyttka (einst Emil Bulls) und David Blitz Synthies und Drumcomputer ertönen. Ein bisschen Electro, ein bisschen Club, ein bisschen Indie (www.polcid-ac.de).

Jacob Brass

Tief im Herzen ein Britpopper mit Hang zur Melancholie und Gespür für große Melodien - leider ist er in Schöngeising groß geworden und nicht in Liverpool, sonst könnte er schon längst mit seinem Indie-Pop kommerziellen Erfolg haben. Nach zwei EPs wird im kommenden Jahr sein Debüt-Album erwartet (www.jacobbrass.de).

Anna Zoitke

Anna Zoitke ist ein schöner Name. Sagt ein Musiker, der sich Hase nennt. Anna Zoitke, das ist Mädchenmusik nur mit Jungs. Das ist deutschsprachiger Piano-Pop genau an der Grenze zwischen Indie und Mainstream, zwischen Kitsch und Subkultur. Anna Zoitke, das ist das derzeit vermutlich interessanteste Pop-Projekt Münchens. Auf die Beine gestellt von Hase, Gitarrist von Crash Tokio, unterstützt von Jungs der Moosburger Collegerock-Band Homeslice. Die Promo-CDs sind verschickt, jetzt hofft man auf einen Labeldeal - auch darauf, dass Anna Zoitke im Radio gespielt wird, denn dort gehört sie hin (www.annazoitke.de).

Tonair

Mehr Britpop wird man im Dachauer Hinterland nicht finden: mehr Beatles als Blur, mehr Pop als Indie - und nur selten dauert ein Song länger als drei, vier Minuten (www.tonair.de).

The Ruby Sea

Benannt nach einem Album der US-Wüstenrocker Thin White Rope - und Wüste und Weite spürt man auch bei der Band um die beiden Germeringer Songwriter Eugen Kern-Emden und Erwin Zißelsberger: Folk, Folkrock, Country... mehr US-Sound wird man im wilden Westen von München nicht finden (www.therubysea.com).

Hip-Hop, Reggae, Ska

Blumentopf

Zehn Jahre nach den ersten Freestyle-Sessions im Keller eines Freisinger Reihenhaus gehören die fünf Jungs heute zu den Hip-Hop-Vordenkern Deutschlands. Entdeckt wurde die Band damals von den Fantastischen 4, jetzt zählt sie zu den besten Livecombos, aber auch zu den besten Textern der Szene (http://blumentopf.nbsp.de).

Schein

Noch eine Freisinger Rock-Funk-Hip-Hop-Kombo, die sich mit jedem ihrer 60 Konzerte im Jahr neue Fans erspielt. Abgehoben sind die Jungs deswegen nicht - im Gegenteil: Werden sie für Festivals gebucht, sind sie immer wieder überrascht, Musiker um sich zu haben, ,,die du eigentlich nur aus dem Fernseher kennst'' (www.scheinland.de).

The Capones

Live spielen die acht Jungs in weißen Anzügen - aber das ist die einzige Annäherung an Al Capone - denn statt Verbrechen gibt es hier gute Laune, Groove und Ska (www.thecapones.de).

Punkrock, Hardcore

Mongrel

Mit das Beste, was Deutschland derzeit im Bereich Punkrock und ass-kickin Hardcore zu bieten hat. Damit wird man zwar nicht reich, aber innerhalb der Szene berühmt, auch jenseits von Deutschland. Vergangenes Jahr tourten die Jungs aus Karlsfeld 15 Tage durch die USA, in München durften sie bereits Pennywise oder Anti Flag supporten (www.mongrel.de).

Scorefor

Ganz früher hieß die Band mal Shit - aber mit diesem Namen wird man als Punkrocker permanent verwechselt. Stilistisch haben sich die vier Musiker aus Sachsenkam längst einen Namen gemacht: Eingängiger, melodiöser Punkrock, der den vier Jungs Touren durch Japan, Canada und die USA sowie heuer einen Auftritt bei ,,Rock im Park'' einbrachte (www.scorefor.de).

Scab

Pop'n'Punkrock, schnörkellos und doch so melodiös. Mehr als 150 Konzerte hat die Moosburger Band in Deutschland, Österreich, Italien, Tschechien, Belgien gespielt - so was nennt man dann bestimmt EU-Pogo (www.scabmusic.com).

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