Band der Woche:Körner

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Der Münchner lässt sich mit seinen sauberen deutschsprachigen Songs wunderbar als die zeitgenössische Variante eines Herbert Grönemeyers beschreiben

Von Rita Argauer

Das Männerbild wird gerade ganz schön durchgeschüttelt. Eigentlich ging das ja von den Frauen aus und von feministischen Bewegungen, die derzeit in der Gesellschaft immer mehr zu fruchten beginnen. Es ändert sich etwas in den Geschlechter-Rollen. Und das betrifft auch die Männer. Insbesondere in der Popkultur, in der das Selbstbild ja sowieso gerne sehr explizit geformt und inszeniert wird. Das soll nun hier jedoch kein feministischer Aufsatz werden, das soll bloß erklären, was beim Wahlmünchner und Popmusiker Körner auffällt, wenn man sich seine Musik und das Gefühl, das dahinter steckt, anhört.

Körner lässt sich mit seinen sauberen deutschsprachigen Songs, auf der Akustik-Gitarre komponiert und vom Münchner Produzenten "Achtabahn" in sanft untermalende, aber höchst klug gesetzte Elektro-Arrangements verpackt, wunderbar als die zeitgenössische Variante eines Herbert Grönemeyers beschreiben. Körner singt zwar durchgehender und nicht so abgehackt, hat jedoch eine ähnliche Haltung. Und diese Haltung ist auch heute, in einer Gesellschaft, die zunehmend hinter Geschlechtsrollen blickt, immer noch selten. Denn diese Attitüde entspricht weder dem feminisierten Teenie-Schwarm-Mann (Prototypen davon finden sich in jeder Boygroup), noch einem queer-ironischen Drag-Auftreten oder gar einem Testosteron-Macker. Körner spart den geringsten Anflug von Prolo-Männlichkeits-Schweiß-Gehabe penibel aus seiner Musik und seinem Auftreten aus. Körner schafft eine Art der weichen Männlichkeit. Die letzten harten Männer des Pop-Biz (abseits vom Hip-Hop und Heavy-Metal) sind derzeit vielleicht noch ein paar Techno-DJs, die die Auffassung von Männern ohne Gefühle, ohne Abschnitte zu machen, in die Gegenwart transportieren. Körner hingegen ist einmännlicher Mann und dennoch sehr gefühlig. Und wenn man jetzt in eine Gender-Falle tappen will, würde sich ein kleiner Vergleich anbieten: Körners Musik ist Musik für Frauen, während seine Genre-Kollegin About Barbara sich auf Männer konzentriert und sich deswegen auf Promofotos verheißungsvoll oben ohne zeigt.

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Doch so einfach ist das zum Glück auch wieder nicht. "Musik ist - auch wenn das nach einem Klischee klingt - für mich die Sprache der Seele", sagt Körner, der seinen bürgerlichen Namen nicht verraten möchte. Musik sei in der Lage, unsere Emotionen in etwas zu kleiden, das wir verstehen und nachempfinden können, erklärt er weiter und stilisiert die Musik schließlich zur "Naturgewalt", die die "Summe aller menschlichen Gefühle" darstelle. Und das ist ein Gedanke, der zwar in seinen Worten so zugänglich und einfach klingt, wie seine Musik ist. Das ist aber auch ein Gedanke, der das Wesen der Musik als abstrakte Kunst ganz gut erfasst, die in der Lage ist, Gefühle so auszudrücken, wie sonst kaum eine Kunstform.

Körner setzt auf die Gefühle. Etwa mit seiner ersten Single "Gänsehaut", die er im Sommer 2016 auf Youtube veröffentlichte und die bisher eine knappe Million Klicks einfuhr. Und bei so etwas wird die Industrie aufmerksam. Also bekam er einen Vertrag bei Sony und arbeitet gerade am ersten Album in voller Länge, ist also fürs Erste ganz im großen Musik-Geschäft angekommen. Im März steht eine deutschlandweite Tour, die "Gänsehaut-Tour" an, den Support spielt About Barbara. Im Sommer 2017 soll dann das Album veröffentlicht werden. Doch trotz seines Einstiegs in das professionelle Musiker-Dasein, macht auch hier Körner die Dinge etwas anders. In Norddeutschland geboren, wäre etwa eine Musikstadt wie Hamburg als Wohnort viel naheliegender. Körner hat jedoch in München seinen Produzenten samt Studio gefunden, von Anfang an hätten sie eine musikalische Vision geteilt. Und so eine Vision lässt man nicht von Klischees zerstören. Egal, ob sie sich auf Städte oder auf Geschlechter beziehen.

© SZ vom 13.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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