Bakterien im Wammerl:Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Großmetzgerei Sieber

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Kunden konnten am Mittwoch Ware direkt bei Sieber zurückgeben. (Foto: Hartmut Pöstges)

Ware des Unternehmens steht im Verdacht, Auslöser von Listeriose gewesen zu sein. Im Landtag streiten die Parteien über besseren Verbraucherschutz

Von David Costanzo und Christian Sebald, München/Geretsried

Die Staatsanwaltschaft München II hat ein Ermittlungsverfahren gegen die Großmetzgerei Sieber mit Sitz in Geretsried eingeleitet. "Wir ermitteln wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetz", sagte Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung. Das Verfahren richte sich konkret gegen einen Verantwortlichen des Unternehmens.

Grundlage dafür sei die mit Listerien belastete Probe eines Stücks Bauchfleisch, das Ende März von Lebensmittelkontrolleuren im Raum Nürnberg entdeckt worden war. Alles Weitere müssten die Ermittlungen ergeben. Die Staatsanwaltschaft arbeite eng mit den Gesundheitsbehörden zusammen.

Seit dem Jahr 2012 sind mindestens acht Listeriose-Patienten in Süddeutschland gestorben. Bei vier war laut Robert-Koch-Institut der gleiche Bakterientyp die Todesursache, der um Ostern auch auf einem Stück Wacholderwammerl der Metzgerei gefunden wurde. Zwei Schwangere erlitten Fehlgeburten. Die Gesundheitsbehörden halten einen Zusammenhang für wahrscheinlich. Das Verbraucherministerium sperrte nach fünf weiteren belasteten Wurstproben die Firma und ordnete den Rückruf von Hunderten Tonnen Wurst und Fleisch an.

Am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) laufen die Ermittlungen weiter auf Hochtouren. In den vergangenen Tagen haben die Kontrolleure 80 weitere Proben von Sieber-Wurstwaren, aber auch in der Firma selbst genommen. Sie werden derzeit alle getestet, ob sie mit Listerien kontaminiert sind. Außerdem überwachen die LGL-Leute den Rückruf der Sieber-Produkte aus dem Lebensmitteleinzelhandel und deren Vernichtung. Inzwischen sind auch die anderen EU-Staaten über den Listeriose-Ausbruch und den Verdacht gegen die Großmetzgerei informiert worden.

Im Landtag kündigte Verbraucherministerin Ulrike Scharf (CSU) eine Reform der Lebensmittelkontrollen an. "Vor allem die Kontrolle von Betrieben mit komplexen Strukturen soll zukünftig noch effektiver ablaufen", sagte sie. "Dazu werden wir die Struktur der Lebensmittelüberwachung ändern." Details nannte Scharf aber noch nicht. Zunächst müsse man mit allen Kontrollbehörden und Fachstellen sprechen. Danach werde sie einen Masterplan präsentieren.

Die Ministerin betonte abermals, dass für sie "die Sicherheit der Verbraucher im Mittelpunkt steht". Zuvor hatte der SPD-Abgeordnete Florian von Brunn scharfe Kritik an den Kontrollbehörden geübt. "Wir reden heute über rund 80 Listeriose-Erkrankungen in Süddeutschland seit 2012, davon 22 in Bayern, über acht Tote, vier davon in Bayern", sagte er. "Jeder Tag, der ins Land geht, ohne dass der Verbraucherschutz reformiert wird, bedeutet Gefahr für Leib und Leben der Menschen hier und über den Freistaat hinaus." Auch die Grünen verlangten eine "nüchterne und umfassende Aufarbeitung" des Ausbruchs.

© SZ vom 02.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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