Autor Andreas Kurz:Liebe auf Knopfdruck

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Bei einem Literaturwettbewerb hat Andreas Kurz den ersten Platz gemacht. Uns erzählt er, was ihn am Schreiben reizt und wieso Grünwald der perfekte Schauplatz für seine Geschichte ist.

Ana Maria Michel

Der Text des Münchner Autors Andreas Kurz kam beim Publikum im Postpalast in der Wredestraße 10 an diesem Samstag beim Kurzgeschichten-Wettbewerb am besten an. Jede Geschichte wurde bei dieser Menülesung kulinarisch interpretiert und von dem Schauspieler Johannes Steck vorgelesen. Kurz, der sich über ein Preisgeld in Höhe von 750 Euro freut, ist bei diesem Wettbewerb kein Unbekannter. Der 1957 geborene ausgebildete Grafiker arbeitet freiberuflich als Zeichner und Autor und hat bereits mehrere Romane und Kurzgeschichten veröffentlicht. Den Sieger-Text von Andreas Kurz können Sie hier auf sueddeutsche.de lesen.

sueddeutsche.de: Herr Kurz, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Sieg. Was glauben Sie hat das Publikum überzeugt?

Andreas Kurz: Bei diesem Wettbewerb ist es immer schwer vorauszusehen, was das Publikum überzeugen kann. Ich würde sagen, dass sich das Publikum bei einer Menülesung freut, wenn eine Geschichte humorvoll ist und einen gewissen Unterhaltungswert hat. Vielleicht war es bei der Geschichte auch der völlig ungewöhnliche Plot, denn zunächst ist nicht klar, in welcher Realität die Geschichte spielt. Man merkt bei Grünwald auch nicht gleich, dass der Text eine Satire sein will. Vielleicht hat es auch überzeugt, dass man ein bisschen mitdenken musste und durfte.

sueddeutsche.de: Die Science-Fiction-Geschichte erzählt von einem Chef, der sich mit einer Betmaschine die Symathien seiner Angestellten erschleicht. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Kurz: Ich begeistere mich für Technik und gehöre noch zu der Generation, die ohne Navigationsgerät groß geworden ist und wundere mich heute immer wieder, dass es funktioniert, wenn eine Stimme sagt, wo es langgeht.

sueddeutsche.de: Wieso war es für Sie wichtig, dass der Chef in der Geschichte nicht wegen positiven Eigenschaften von seinen Angestellten geliebt wird, sondern nur durch Hilfe einer Maschine?

Kurz: Ich habe mit dem Phänomen gespielt, dass ein erfolgreicher Mensch oft eben nicht durch große Menschlichkeit Sympathien genießt. Grünwald ist eine Satire darauf, dass jemand, der viel Geld hat, es schafft, sich eine Maschine zu kaufen, die ihm Sympathien einspielt, die er sich gar nicht verdient hat. In der Geschichte muss jeder diesen Chef lieben, weil die Maschine mit ihrer ganzen Leistung dafür kämpft.

sueddeutsche.de: Wieso spielt Ihre Geschichte in Grünwald?

Kurz: Grünwald ist eine gute Kulisse. Es gibt dort viele große Gartenvillen und der Ort bietet gleichzeitig die Nähe zur Großstadt. Dort wohnt man, wenn man es in München zu viel Geld gebracht hat. Für die Geschichte ist Grünwald wichtig, weil man dort anders als zum Beispiel in Bogenhausen - wo man vielleicht ein großes Haus hat, aber einen kleinen Garten - ein großes Gartenfest veranstalten kann. In meinen anderen Texten spielt München eigentlich keine Rolle, bei der Menülesung war der lokale Bezug die große Ausnahme.

sueddeutsche: Am Samstag haben Sie nicht zum ersten Mal an diesem Kurzgeschichten-Wettbewerb teilgenommen. Was reizt Sie immer wieder mitzumachen?

Kurz: Es ist schön zu erleben, wie ein Schauspieler den eigenen Text liest - oft wird das Geschriebene dadurch aufgewertet. Auch der direkte Kontakt zum Publikum, das am Ende den Siegertext wählt, ist bei der Münchner Menülesung einfach einzigartig.

sueddeutsche.de: Sie veröffentlichen nicht nur Kurzgeschichten, sondern auch Romane. Was sind die Themen, die Sie als Schriftsteller faszinieren?

Kurz: Es reizt mich, die Wirklichkeit ein bisschen zu manipulieren und dadurch neue Perspektiven zu entwickeln. Im Grunde beschreibe ich etwas, was es so nicht geben kann, wobei eine Art der Betrachtung entsteht, die gar nicht so unwahrscheinlich ist. Es ist ein Spiel mit der Wirklichkeit. Was ist schon Wirklichkeit? Oft ist sie nur eine Vorstellung, die man hat. Wenn man die Wirklichkeit durch ein paar Sachen verändert, schaut sie komplett anders aus.

sueddeutsche.de: Wieso ist es gerade das Spiel mit der Wirklichkeit, das Sie reizt?

Kurz: Schon als Jugendlicher habe ich darüber nachgedacht: Was ist Zeit und wieso darf ich Dinge nicht tun, die ich in zehn Jahren vielleicht tun darf? Ich habe damals schon gerne märchenhafte Phantasiegeschichten und Satiren verfasst. Literatur ist für mich nicht nur die Deckung eines Bedarfs nach Bestellung, sondern bietet die Möglichkeit, Neuland zu betreten und Sachen auszuprobieren, die im Zweifelsfall auch nicht gelingen können.

sueddeutsche.de: An diesem Samstag hatten Sie gleich zwei Termine: Sie waren nicht nur bei der Menülesung im Postpalast, sondern haben auch auf der Leipziger Buchmesse aus Ihrer neuen Kurzgeschichtensammlung Nachttankstelle gelesen.

Kurz: Blöderweise hat sich das überschnitten, mittags musste ich sehr schnell los, um pünktlich zur Menülesung in München zu sein. Auf der Buchmesse kamen meine Geschichten auch gut an, denn das Publikum in Leipzig ist ein wirklich begeistertes Lesepublikum. Wenn man die Leute dort nicht langweilt, hat man gute Karten, dass sie mitgehen. Das hat richtig Spaß gemacht. Dieser Samstag war für mich wirklich ein voller Erfolg.

Lesen Sie hier die Sieger-Geschichte von Andreas Kurz.

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