Automatisches Abo bei Call-a-bike:Fahrradverleih mit Haken

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Knapp 70000 Nutzer für die im Stadtgebiet aufgestellten Räder, wie hier am Königsplatz, hat "Call a Bike" nach Angaben der Bahn. (Foto: Alessandra Schellneggger)
  • Kunden von "Call a Bike" müssen sich an eine neue Tarifstruktur gewöhnen.
  • Jeder Neu-Kunde wird automatisch für ein Jahr zum Abonnenten des Angebots und muss eine Jahresgebühr entrichten. Bestandskunden werden in den Abotarif überführt.
  • Damit wird das einmalige Leihen eines Fahrrades deutlich teurer.

Von Stephan Handel

Kunden von "Call a Bike", dem Leihrad-Service der Deutschen Bahn, haben in den vergangenen Tagen eine überaus euphorische Mail bekommen. "Noch attraktiver" werde das Angebot, freuen dürfe man sich auf ein "günstigeres und deutlich vereinfachtes Tarifsystem". Hinter begeisterten Formulierungen im Reklame-Deutsch verbirgt sich jedoch ein faules Ei. Von diesem Mittwoch an wird jeder Neu-Kunde von Call a Bike automatisch für ein Jahr zum Abonnenten des Angebots. Kunden, die das Angebot schon länger nutzen, werden, so die Mail, "automatisch" in den neuen Abo-Tarif überführt. Ein Kündigungsrecht besteht nicht - wer nicht gewillt ist, einen Vertrag über ein ganzes Jahr abzuschließen, hat nur eine Chance: Call a Bike nicht mehr nutzen.

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Bislang dürften die meisten Benutzer Call a Bike nach Anfall gebucht haben. Im Grundtarif kostet die einmalige Nutzung eines Rades acht Cent pro Minute, höchstens 15 Euro pro Tag. Ermäßigungen gibt es für Bahncard-Inhaber, Studenten und Senioren. Künftig, also von diesem Mittwoch an, heißt dieser Grund-Tarif "Basistarif" - und ist mit einer einmaligen Jahresgebühr von drei Euro verbunden. Dafür wird die Taktung von der minutengenauen Abrechnung auf 30 Minuten umgestellt, jede halbe Stunde kostet nun einen Euro.

Günstigeres Angebot - aber nicht für alle

Das bislang "Pauschal-Tarif" genannte Angebot heißt nun "Komfort-Tarif", ist im Gegensatz zur jetzigen Regelung nicht nur für ein Jahr, sondern auch für einen Monat zu buchen und kostet dann neun beziehungsweise 49 Euro. Dafür ist eine halbe Stunde pro Tag kostenfrei, jede weitere halbe Stunde kostet einen Euro zusätzlich.

Die Bahn verweist auf "700 000 zufriedene Kunden", knapp 70 000 davon in München - und dass das Angebot insgesamt ja günstiger werde. Das ist im Basistarif richtig, wenn die Jahresgebühr vernachlässigt wird. So kosten die ersten 30 Minuten nun einen, zuvor 2,40 Euro. Anders sieht die Rechnung aus für jemanden, der wirklich nur einmal ein Rad ausleiht und nicht interessiert ist an einer mehrmaligen Nutzung. Er bezahlt für nun plötzlich insgesamt vier Euro für eine halbe Stunde Nutzung - mit jedem weiteren Ausleihvorgang reduziert sich natürlich der Anteil der pauschalen Jahresgebühr an den Gesamtkosten.

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Für Altkunden verbindet die Bahn die Umstellung mit einer Art Übergangsfrist: Zwar wird der Vertrag automatisch auf den neuen Tarif umgestellt. Die Jahresgebühr wird aber erst fällig, wenn der Kunde nach dem 31. August ein Rad ausleiht und damit sozusagen sein Interesse an einer weiteren Nutzung signalisiert und seine Zustimmung zur Umstellung des Vertrages gibt. Zusätzlich schenkt die Bahn den Altkunden diese drei Euro, indem sie die Summe in diesem Jahr als Guthaben zur Verfügung stellt.

Kein Recht zur vorzeitigen Kündigung

"Besser geht's nicht", sagt ein Bahn-Sprecher in Berlin, räumt ein, dass die Tarif-Umstellung natürlich ein Mittel zur Kundenbindung ist, und betont, dass sich ja gar nicht so viel ändere, eine Registrierung sei früher schon nötig gewesen, und außerdem: Drei Euro im Jahr, das sei doch wirklich preisgünstig. Die Einzel-Nutzung sei nicht mehr vorgesehen, und ein Sonderkündigungs- oder Widerspruchsrecht gebe es auch nicht. Es handle sich juristisch gesehen nicht um eine Vertragsänderung, was der Fall wäre, wenn das Unternehmen seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ändern würde. Die Preisliste sei jedoch von den AGB entkoppelt, weshalb der Vorgang eine Tarifanpassung sei, ohne Recht zur vorzeitigen Kündigung.

Die Verbraucherzentrale Bayern in Person der dort tätigen Juristin Eva Schönmetzler verweist als erstes auf die Vertragsfreiheit. Jeder dürfe normalerweise mit jedem nach eigenem Willen Verträge schließen, das beinhalte auch solche mit festgelegten, längerfristigen Laufzeiten. Dabei seien aber auch immer gewisse gesetzliche Vorschriften zu beachten, die vor allem die Informationspflicht betreffen. So muss dem Kunden mitgeteilt werden, zu welchem Preis und für welche Laufzeit er den Vertrag schließt, wie er ihn kündigen kann und wie er sich verlängert, wenn der Kunde nicht kündigt. Das könnte ein Problem werden. Laut Bahn-Information verlängern sich die Call-a-Bike-Abos automatisch um ein Jahr, wenn sie nicht 14 Tage vor Ablauf gekündigt werden. Für Einmal-Nutzer hat Eva Schönmetzler deshalb einen Tipp parat: Abo abschließen, sofort "zum nächstmöglichen Termin" kündigen und eine Bestätigung verlangen - dann liegt es bei der Bahn, den Kunden rechtzeitig aus den Dateien zu streichen.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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