Außer-Haus-Verzehr als Konkurrenz:Snacks statt Semmeln

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Snack-Angebot beschert den Münchner Bäckereien steigende Umsätze. Die Stadtwirte sprechen von Wettbewerbsverzerrung.

Astrid Becker und Mario Kubina

Angesichts stagnierender Umsätze will das bayerische Bäckerei-Handwerk sein Snack-Angebot ausbauen. Die Lebensgewohnheiten der Verbraucher hätte sich geändert, sagte Landesinnungsmeister Heinrich Traublinger am Freitag bei der Vorstellung des Jahresberichts des bayerischen Bäcker-Handwerks.

Kaffeetrinken beim Bäcker liegt im Trend. (Foto: Foto: Catherina Hess)

Die Wirte der Stadt dürfte diese Nachricht weniger erfreuen: Sie fürchten die neue Konkurrenz vor allem wegen des niedrigeren Mehrwertsteuersatzes beim so genannten Außer-Haus-Verzehr. Vertreter des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (BHG) sprechen gar von "Wettbewerbsverzerrung".

Immer mehr Menschen, so Traublinger, würden außer Haus frühstücken und zu Mittag essen. Daraus ergäben sich beträchtliche Marktchancen für Bäckereien, insbesondere in Großstädten wie München, wo der Anteil der Single-Haushalte besonders hoch ist.

Günter Deppisch, Geschäftsführer der Münchner Bäcker-Innung, fügte hinzu, dass die Betriebe in der Landeshauptstadt derzeit lediglich in zwei Segmenten ihren Umsatz steigern könnten: bei Snacks und Bio-Produkten. Der Außer-Haus-Verzehr entwickele sich für die Münchner Innungs-Bäckereien zu einem wichtigen Umsatzfaktor.

Derzeit liegt dem Landtag ein Gesetzentwurf zur Änderung der bayerischen Bauordnung vor, demzufolge Bäckermeister nun auch im Freien auf einer Fläche von 40 Quadratmetern Sitzplätze für ihre Kunden einrichten können. Ohnehin steht es Bäckern frei, auch ohne Gaststättenerlaubnis Backwaren und Getränke zum Verzehr im Laden anzubieten.

Snacks für Bäckereien überlebenswichtig

Für die Interessensvertretung der Wirte, BHG, ein klarer Fall von Wettbewerbsverzerrung. Während jeder Wirt grundsätzlich 19 Prozent Mehrwertsteuer auf seine Preise schlagen müsse, seien es bei den Bäckern im Außer-Haus-Verzehr nur sieben Prozent.

Lediglich bei dem Verzehr von Snacks im Laden würden auch die Bäcker dem erhöhten Satz unterliegen. Das Problem dabei sei jedoch, dass der Kunde häufig erst nach dem Kauf entscheide, angebotene Sitzplätze zu nutzen.

Für die Bäcker scheint jedoch das Angebot von Snacks langfristig überlebenswichtig zu sein. Schon jetzt ging der Jahresumsatz der bayerischen Innungs-Bäckereien 2006 in Höhe von knapp 2,2 Milliarden Euro preisbereinigt leicht zurück. Der Anteil der in Innungen organisierten Betriebe liegt im Freistaat bei nahezu 85 Prozent - damit sind die Zahlen für das gesamte Bäcker-Handwerk aussagekräftig.

Der durchschnittliche Jahresumsatz pro Betrieb belaufe sich bayernweit auf rund 650 000 Euro; in München sind dies Deppisch zufolge 700 000 Euro. Von den 2006 im Freistaat weggefallenen 64 Betrieben hätten lediglich vier ihren Sitz in München gehabt.

Die 80 hier ansässigen Innungs-Bäckereien beschäftigten rund 3000 Mitarbeiter, darunter 450 Auszubildende. Insgesamt kommt laut Deppisch das Münchner Bäckerei-Handwerk auf einen Marktanteil von 35 Prozent, der Rest entfalle auf den Lebensmittel-Einzelhandel und Back-Discounter.

Nachdem Billig-Bäckereien in den vergangenen Jahren stark expandierten, stießen diese nun an Wachstumsgrenzen, sagte Deppisch: "Die müssen viele Semmeln verkaufen, um die Miete zahlen zu können." Der Grund: Mehr als etablierte Bäckereien seien Discounter auf Laufkundschaft angewiesen - und auf zentral gelegene und damit teure Läden.

© SZ vom 28.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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