Ausgehen!:. . . und zur Sahnetorte eine Bionade!

Lesezeit: 3 min

Zwischen Plüsch und kühlem Design: In der Münchner Café-Landschaft geht der Trend zur engen, gemütlichen Tagesbar.

Birgit Lutz-Temsch

Plüschig, trendig, spartanisch - die Cafélandschaft ist bunt und ständig in Veränderung. Eine Entdeckungsreise durch die eigene Stadt.

Tag und Nacht haben nicht viel gemeinsam im Platzhirsch am Viktualienmarkt: Wenn die Sonne sinkt, gehen die Omas, das Nachtvolk kommt. (Foto: Foto: Rumpf)

Das Oma-Café: Auf der Karte: Kännchen Kaffee Hag An der Wand: Goldtapete Am Tisch: immer weniger Omas

Das Oma-Café ist wohl gleichzeitig die Oma der Cafés. Denn diese gepflegt-plüschigen Horte von Sahnetorte, Papieruntersetzern zwischen Tasse und Untertasse und Erdbeerrolle gab es, lange bevor auf den Karten Tramezzini und Ingwer-Säfte auftauchten. Zu Oma-Cafés sind sie geworden, weil ihr Klientel mit ihnen alt wurde und kein neues nachkam. Bis vor einigen Jahren die modernisierungsresistenten Oma-Cafés gerade wegen ihrer Untrendigkeit trendig wurden.

Das jüngste Beispiel in dieser Reihe ist das Café Platzhirsch im ersten Stock des Hauses an der Ecke Rosental/Prälat-Zistl-Straße, mit einem famosen Blick über den Viktualienmarkt. Seit 1979 war dort das Cafe Rosental. Vor drei Wochen hat ein nicht unbekanntes Trio, zu dem auch Musik-Produzent Mathias Neuhauser von Millenia Nova gehört, den Laden übernommen. Sie haben die Panoramafenster von den schweren Vorhängen befreit, Filzkissen auf die breiten Fensterbänke gelegt, Rehgeweihe an die Wand genagelt und eine neue Kaffeemaschine gekauft.

Es gibt jetzt kein Kalbsgeschnetzeltes mehr, dafür spanischen Rotwein. Ansonsten ist alles beim alten. Omas kommen, sagt Neuhauser, zumindest nachmittags immer noch. Eine schöne Benimmschule sei das, denn bei 80-jährigen Damen kämen quer durch den Raum gerufene Sprüche wie "Ey, noch 'ne Erdbeerrolle?" gar nicht gut an.

Die Minibar Auf der Karte: Bionade und Tramezzini An der Wand: Gemälde oder Fotos eines befreundeten Künstlers Am Tisch: Die Nachbarschaft

Katrin Greiner im Tagträumer in der Dreimühlenstraße: Gewinnerin in der Kategorie: Kleinste Minibar. (Foto: Foto: Rumpf)

Die Minibar ist das zwingende Resultat aus den hohen Münchner Mietpreisen und dem Trend zur Ich-AG. Der meistgehörte Satz ist hier: "Oh, jetzt wird's ein bisschen eng." Der Gewinner in dieser Kategorie ist das "Tagträumer" in der Dreimühlenstraße 17. Wenn es ein noch kleineres gibt, dann haben wir es übersehen.

Das Tagträumer ist von Menschen erfunden, die wissen, wie man das Leben schöner macht. Katrin Greiner und Isolde Gertig haben Filzkissen an die Wand gehängt, damit man sich nicht gegen die kalte Mauer lehnen muss, auf jedem Tisch steht eine andere, irgendwo aufgetriebene Zuckerdose, durch den Raum weht der sanfte Duft sinnlichen Rosenblütentees. Und wenn man keine Bananen auf dem liebevoll gestalteten Frühstücks-Obstteller mit wirklich frischen Früchten will, dann geht das, auch wenn der ganze Laden besetzt ist - und ein Lächeln gibt's umsonst dazu.

Ein bisschen größer ist die "Erste Sahne" in der Belgradstraße 4, seit einem Monat aufgeschlagen. Katherine Wiesinger von der benachbarten "Milch und Honig"-Kosmetikboutique hat liebevoll Details zusammengetragen. An der Wand hängen als Ablagen Beistelltische aus den Siebzigern, die eine Mauer ziert eine Gold-, die andere eine Blümchentapete. Mittags gibt es hausgemachte Suppen wie Rotes Linsencurry und seit neuestem auch ein Herz auf dem Cappuccino.

Mehr Schweizerisches denn das übliche Italienische gibt es in "OSA's Alpenraum" in der Frundsbergstraße: Neben Schoki sind auch Taschen aus dem Alpenraum im Angebot. Schlauchförmig und minimalistisch eingerichtet scheint das Stehcafé auf den ersten Blick zum benachbarten Architektenbüro zu gehören, das nur durch eine Glaswand und einen Filzvorhang abgetrennt ist. Tatsächlich ist der Alpenraum aus dem Büro entstanden, aber für jedermann zugänglich - und die mittags zubereiteten Sandwiches sind bereits legendär geworden.

Das Frühstückscafé Auf der Karte: Frühstücke Basic, Vital, Mailand, Skandinavien An der Wand: Zeitungsständer Am Tisch: Verkaterte Studenten

Natürlich kann man in den Minibars hervorragend und gar nicht mini frühstücken - und wer noch keine solche in der Nachbarschaft hat, kann sich an altbewährte Morgenmahlzeitenzubereiter halten. Es soll Menschen geben, für die ein Wochenende ohne Frühstück im Café Neuhausen kein Wochenende ist - das mag sich aber nicht recht erschließen.

Der Raum ist zwar wundervoll, mit den hohen Stuckdecken und dem hölzernen Flugzeugpropeller - man erinnert sich fast ein kleines bisschen an ein Wiener Kaffeehaus. Leider aber gibt es hier ein Lächeln weder umsonst noch gegen Bezahlung, und auf der Karte steht sinngemäß der unfassbare Satz, dass Sonderwünsche unerwünscht sind.

Also raus aus der Frühstücksfabrik, rein ins "Zum Kloster", das es schon seit 25 Jahren gibt, seit der Sanierung des ehemaligen Herbergsviertels in unschlagbarer verkehrsberuhigter Sonnenscheinlage. Das Essen ist ökologisch-frisch, die Betreiber haben immer einen lustigen Spruch auf den Lippen und irgendwie sind hier alle alternativ, von Studenten über junge Familien bis hin zu betagten Ehepaaren.

Das Museumscafé Auf der Karte: Hinweis auf den Museumsshop An der Wand: Plakate von Ausstellungen aus dem letzten Jahr Am Tisch: Feuilleton-Leser

In Museumscafés sitzen oft Menschen mit müden Mienen, neben sich eine Tüte mit Postern aus dem Museumsshop. Kurzweilig kann ein Besuch eines solchen Cafés trotzdem sein, weil viele verschiedene Typen aufeinandertreffen.

Wir schlagen nun, ganz mutig, einfach mal den Besuch des Cafés im Bayerischen Nationalmuseum vor. Das Camatti-Café im Foyer bietet jede Menge Platz zum Schmökern im Museumsführer, und ist urgemütlich, auch wenn es in einem hohen Gewölbe untergebracht ist. Im Camatti sind entweder ganz viele Gäste, weil gerade Vorträge enden oder beginnen, oder ganz wenige. Und beides hat seinen Reiz.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: