Aus Fehlern lernen:Lebendige Quartiere

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Wien plant auf dem Weg zur Zwei-Millionen-Stadt neue Viertel

Von Ruth Eisenreich

Irgendwann ziehen vor dem Fenster nur noch Wiesen und Felder vorbei, man glaubt, jetzt könne aber wirklich nichts mehr kommen, jetzt sei Wien doch eindeutig zu Ende - und dann fährt die U 2 eine Kurve, und da ist sie: Die Seestadt Aspern, eines der größten Stadtentwicklungsgebiete Europas. Einige tausend Menschen wohnen, derzeit noch zwischen Kränen und Baggern, bereits in diesem neuen Viertel am Rande Wiens. Bis zum Jahr 2028 sollen es 20 000 werden, noch einmal so viele sollen dann dort arbeiten.

Alleine in den letzten zehn Jahren ist die Bevölkerung Wiens um zwölf Prozent gewachsen, von 1,66 auf 1,87 Millionen Einwohner. Vor wenigen Jahren ging man noch davon aus, dass die österreichische Hauptstadt im Jahr 2029 die Zwei-Millionen-Marke erreichen werde; inzwischen rechnen Experten schon für 2022 damit. Auch im sogenannten Speckgürtel, in den kleinen Gemeinden rund um Wien, leben immer mehr Menschen. Um mit dem Wachstum auch nur annähernd mitzuhalten, fördert die Stadt unter anderem Dachgeschossausbauten und baut sogenannte Smart-Wohnungen. Sie sind kleiner als klassische geförderte Wohnungen und sollen vor allem für Kleinfamilien und Singles interessant sein. Wiens sichtbarste Antwort auf das Wachstum aber sind die großen Stadtentwicklungsgebiete: Das Sonnwendviertel, der ehemalige Nordbahnhof oder eben die Seestadt Aspern.

Bei der Planung dieser neuen Viertel versucht Wien, aus eigenen und fremden Fehlern der vergangenen Jahrzehnte zu lernen. Hier sollen keine Schlafstädte und keine Ghettos entstehen. In der Seestadt Aspern etwa werden rund um einen künstlichen See sowohl kommunale Wohnungen gebaut als auch die Projekte diverser selbstorganisierter Baugruppen umgesetzt. Kaum ein Gebäude gleicht dem anderen. Platz für Läden, Lokale, Büros, Schulen und Parks ist ebenfalls eingeplant. Das Ziel: Ein lebendiges, sozial durchmischtes Stadtviertel. Ob dieser Plan aufgeht, wird allerdings erst in vielen Jahren wirklich klar sein - dann, wenn Wien längst eine Zwei-Millionen-Stadt ist.

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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