Arzt vertauscht Blutprobe:"Ich hab's doch nur gut gemeint"

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Ein Arzt vertauscht die Blutprobe seines 18-jährigen Sohnes, um ihn vor dem Wehrdienst zu bewahren. Dabei will der Junge unbedingt zum Bund.

A. Krug

Als der Sohn von der Bundeswehr zur Musterung gebeten wurde, war Vater Walter W. ( Name geändert) davon wenig begeistert. Aus Angst und übertriebener Fürsorge vertauschte der 57-jährige Arzt die Blutprobe des arglosen Sprösslings mit der einer rheumakranken Patientin und erreichte dessen Ausmusterung.

Blutabnahme: Der Vater vertauschte die Blutprobe des Sohnes mit der einer rheumakranken Patientin. (Foto: Foto: ddp)

Der perfide Trick wäre womöglich ohne jede Folgen geblieben, hätte der Sohn nicht Jahre später eine Nachmusterung beantragt, weil er partout Zeitsoldat werden wollte. Der Schwindel flog auf und Walter W. bekam jede Menge Ärger: Erst mit der Strafjustiz und nun mit der Standeskammer.

Walter W. ist Arzt aus Leidenschaft, seine Praxis führt er seit mehr als 20 Jahren. Wenn es um seine beiden Söhne geht, dann scheinen die Koordinaten des ehemaligen Marinearztes aber außer Kontrolle zu geraten. Zumindest war dies im Jahr 2000 so, als der damals 18-jährige Sohn eingezogen werden sollte.

In seiner Praxis nahm Walter W. die Blutprobe einer an Morbus Bechterew leidenden Patientin und schickte sie an die zuständigen Behörden. "Mein Sohn wollte ja zum Bund, aber ich wollte das nicht", räumt er die Vorwürfe ein. "Er hat davon nichts gewusst, ich hab' es doch nur gut gemeint."

Der arglose Sohn studierte daraufhin Jura, nach dem Abschluss bewarb er sich 2008 als Zeitsoldat. Nun bekam Walter W. Gewissensnöte und gestand in einem Schreiben an das Kreiswehrersatzamt, dass er die damalige Blutprobe vertauscht habe. Prompt schaltete sich die Justiz ein und der 57-Jährige bekam wegen "Wehrpflichtentziehung durch Täuschung" einen Strafbefehl über 90 Tagessätze zu je 100 Euro.

Walter W. akzeptierte die Strafe, doch ausgestanden war die Causa damit noch nicht. Denn nun schaltete sich das Berufsgericht für Heilberufe ein, eine Art Standesgericht für Ärzte. "Das ist alles schon ziemlich unverfroren", findet Richter Joachim Eckert, "so etwas haben wir hier im Berufsgericht noch nicht gehabt." Was er sich denn dabei gedacht habe?

Walter W. gibt sich einsichtig, wenngleich er anfangs noch juristisch zu argumentieren versucht und auf einer Verjährung der Vorwürfe beharrt hatte. Sein jüngster Sohn sei damals an Leukämie erkrankt.

Als dann auch noch der Ältere zum Bund habe gehen wollen, habe er es mit der Angst bekommen. "Ich wollte ihn nicht verlieren", sagt der Mediziner. Aus eigener Erfahrung wisse er um die Gefahren bei der Bundeswehr, "ich hatte einfach Angst um den Bub".

So ganz kann er Richter Eckert damit nicht überzeugen. Es gebe doch auch noch einen Ersatzdienst und überhaupt, "was sagt ihr Sohn eigentlich heute dazu?" - "Na ja, ihm war das natürlich alles nicht recht", antwortet Walter W., auch die Ehefrau habe ihm ziemlich zugesetzt. "Es tut mir alles sehr leid, so etwas werde ich mit Sicherheit nie wieder machen."

Richter Eckert und seine beiden Beisitzer, ebenfalls Ärzte wie der Angeklagte, sind sich einig, dass es sich um eine "gravierende Berufspflichtverletzung" handelt. Sie sind indes auch überzeugt, dass Walter W. kein Krimineller ist, dass es sich um ein Augenblicksversagen handelt, das allerdings geahndet werden muss.

4000 Euro Geldbuße lautet der Vorschlag, "billiger wird's nicht, Sie sollten jetzt einen Schlussstrich ziehen", meint der Richter. Walter W. überlegt noch kurz, dann willigt er ein. Sein Sohn, inzwischen 27 Jahre alt, wurde übrigens bei der Nachmusterung als Zeitsoldat abgelehnt.

© SZ vom 04.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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