Arbeitsmedizin:Minen und Plantagen

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Katja Radon hilft in Südamerika, Arbeitsunfälle zu verringern

Jedes Mal, wenn Bilder von einem Minen-Unglück um die Welt gehen, sind die Fernsehzuschauer schockiert. Dann wird ihnen einen Moment lang klar, unter welch katastrophalen Bedingungen die Rohstoffe geborgen werden, die in ihren Handys und Autos stecken. Geändert hat sich bisher jedoch wenig. "Mehr als zwei Millionen Menschen auf der Welt sterben jährlich infolge von Arbeitsunfällen oder -krankheiten", sagt Katja Radon, 44. In Bolivien werden schon Kinder in die Minen geschickt, sagt sie, "die Lebenserwartung der Arbeiter liegt bei 35 Jahren". In vielen Entwicklungsländern fehlen Sicherheitsstandards in Landwirtschaft und Industrie. Das liegt an der Politik, aber vor allem an mangelnden Kenntnissen.

Katja Radon ist Professorin für Arbeits- und Umweltmedizin an der LMU, ihr Spezialgebiet ist die Epidemiologie. Sie hat in Lateinamerika eine Reihe von Projekten ins Leben gerufen, um die Ausbildung im Bereich Arbeitsmedizin zu verbessern. Auch internationale Unternehmen hätten daran ein Interesse, sagt sie. "Sie brauchen Fachkräfte, die selbständig Probleme erkennen und an Lösungen arbeiten." Inzwischen unterrichten Mediziner der LMU Studenten aus 13 verschiedenen Ländern bis zum Master. Die Amerikaner werden überwiegend online betreut und kommen im letzten Semester nach München.

Mehrmals im Jahr ist Radon selbst in Südamerika. Schon ihre Hochzeitsreise führte sie nach Chile, wo ihr Mann, ebenfalls Mediziner, ein Praktikum gemacht hatte. Ein chilenischer Kollege schlug ihr damals ein gemeinsames Projekt vor. Sie lernte Spanisch und blieb mehrere Monate. Seither hat sie Minen in Bolivien besucht, Kaffeeplantagen in Kolumbien, Schreinereien in Costa Rica und Manager in São Paolo, die mit Hubschraubern ins Büro fliegen, um dem Verkehrschaos zu entgehen. "Man lernt selbst auf jeder Reise dazu", sagt sie. Und auch zu Hause hat sie ein lebendiges Südamerika: Das Ehepaar hat zwei Kinder aus Kolumbien adoptiert.

© SZ vom 12.04.2017 / mse - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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