Anwohner klagen gegen Einrichtung:Bloß keine Kinder!

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Im Villenviertel Bogenhausen ist es vorbei mit der Ruhe seitdem die Stadt einen Kindergarten zugelassen hat. Als "rücksichtslos" empfinden die Nachbarn die Einrichtung und haben geklagt.

Ekkehard Müller-Jentsch

Endlich scheint die Frühlingssonne und die Kinder dürfen wieder raus zum Spielen. Weil das natürlich nicht lautlos abläuft, droht mit steigendem Lärmpegel auch die Zahl der Nachbarschaftskonflikte zuzunehmen. Bei einigen lärmempfindlichen Bewohnern in der Single-Stadt München ist das Unbehagen so groß, dass sie Kinder in direkter Nachbarschaft lieber gar nicht haben wollen.

Wenn Kinder spielen, läuft das selten lautlos ab. Doch mit steigendem Lärmpegel nimmt auch die Zahl der Nachbarschaftskonflikte zu. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

In gediegener Lage, wo die Immobilien noch ein Stück teurer als sonst sind, wird am heutigen Montag bei einem Ortstermin ein Konflikt um einen Montessori-Kindergarten ausgetragen. In der Bogenhausener Possartstraße klagen eine ältere Dame und ein Akademiker-Ehepaar gegen den Kindergarten, der 2007 in die Nachbarschaft gezogen ist.

Bis dahin hatte sich dort eine ruhige Arztpraxis befunden. Die Seniorin hält es für "rücksichtslos", dass die Lokalbaukommission die Nutzungsänderung genehmigt hat. Denn dieses Quartier sei ein reines Wohngebiet, in dem ein Kindergarten nur ausnahmsweise zulässig sei. Der Bedarf der unmittelbaren Umgebung sei mit sieben Kindergärten oder Tagesstätten bereits gedeckt - und der neue Montessori-Kindergarten richte sich aufgrund seiner Preise und seines besonderen Konzeptes ohnehin an ein erheblich weiteres Einzugsgebiet.

Kindergärten werden in München immer weniger akzeptiert

In dem Villenviertel sei es nun vorbei mit der Ruhe, sagen die klagenden Anwohner. Morgens gegen sieben Uhr entstehe Lärm, wenn Eltern mit dem Auto vorfahren und ihre Kinder bringen. Gegen 17 Uhr würden die Kinder dann wieder geholt, das sei dann der gleiche Krach. Als "nicht mehr sozialadäquat und hinnehmbar" wird speziell von der älteren Dame empfunden, dass sich die Gruppenräume der Kinder angeblich nur zehn Meter von ihrem Schlafzimmerfenster entfernt befänden.

Hier habe die Stadt bei Erteilung der Erlaubnis die Belange der Nachbarn nicht ausreichend berücksichtigt. In einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht München konnten die Anlieger mit dieser Auffassung allerdings die Richter nicht überzeugen. Die auf Baurecht spezialisierte 8. Kammer stufte nämlich die Umgebung keinesfalls als "reines" Wohngebiet ein: Es gebe dort etwa Fachkliniken, Rechts- und Patentanwalts-Kanzleien. "In einem ,allgemeinen' Wohngebiet seien Kindergärten aber immer dann zulässig, wenn sie "gebietsverträglich seien."

Heute wird der Fall nun im Hauptsacheverfahren entschieden. Auch für die Lokalbaukommission ist es ein wichtiger Prozess, denn Kindergärten würden in München immer weniger akzeptiert, klagt die Behörde.

© SZ vom 05.05.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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