Antragspaket:Mehr Mitsprache

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Rathaus soll Bürger stärker an Entscheidungen beteiligen

Eigentlich ist der 6. Mai der internationale Anti-Diät-Tag. Das Rathaus widmete diesen Termin jedoch in auffälliger Häufung dem Thema Bürgerbeteiligung: Sowohl die Grünen als auch CSU und FTB reichten Anträge ein, die Münchner intensiver an den Entscheidungen in der Kommunalpolitik zu beteiligen. Am weitesten wollen die Grünen gehen, die dem rot-schwarzen Bündnis vorwarfen, eine "gewisse Angst vor dem Bürger" zu haben. Zwar habe sich die Rathausmehrheit in ihrem Bündnispapier Bürgerbeteiligung auf die Fahnen geschrieben. "Worte und Taten gehen aber weit auseinander", kritisiert Fraktionschef Florian Roth.

Die Analyse der Grünen über bisher Geleistetes fällt wenig schmeichelhaft aus für die beiden "Großen": In puncto politische Mitwirkung werde vieles verwässert oder auf die lange Bank geschoben, oft würden die Münchner schlicht nicht ernst genommen. Beispiel Bürgerhaushalt: Bei dem "Schmalspurmodell" auf Stadtbezirksebene, das der Stadtrat 2015 auf den Weg gebracht hat, gehe gar nichts voran. Beispiel Nord-Süd-Querung der Altstadt: Bei der Entscheidung, den Marienplatz zur Fußgängerzone umzuwidmen, hätten die Ergebnisse zweier öffentlicher Veranstaltungen keine Rolle gespielt. Und beim Naturschutzgebiet Fröttmaninger Heide habe man eine zweijährige Bürgerbeteiligung den Interessen der örtlichen Hundebesitzer geopfert.

Die Grünen wollen nun "mehr kommunale Demokratie" wagen und einen Bürgerhaushalt auch auf gesamtstädtischer Ebene schaffen. Eine Fachstelle Bürgerbeteiligung müsse gegründet werden, um geeignete Partizipationsverfahren zu entwickeln. Von der Stadt beauftragte Gutachten sollen künftig ins Internet gestellt werden. Denn ohne fundierte Informationen, so Roth, sei die Mitsprache der Bürger "schwierig".

Bei SPD und CSU herrscht Unverständnis über diese Einschätzung aus der Opposition. "Es gibt sehr viele Bürgerbeteiligungsprozesse, die wir durchaus ernst nehmen", versichert SPD-Fraktionschef Alexander Reissl. Beim Paulaner-Gelände in der Au etwa werde ein riesiger Aufwand betrieben. Bei der Fröttmaninger Heide seien Unterschriftenlisten von Anwohnern eingereicht worden, die den Park vor ihrer Haustür besser nutzen wollten. Dem habe man Rechnung getragen. Für den Bürgerhaushalt auf Stadtteilebene werde derzeit ein Konzept erarbeitet, eine Ausweitung auf die Gesamtstadt lehnen sowohl SPD als auch CSU ab.

CSU-Fraktionsvize Michael Kuffer reichte am Freitag einen Antrag ein, dessen Vorbereitung mehr als zwei Jahre gedauert habe. Demnach sollen Mindeststandards für Bürgerbeteiligung gelten - um unter Ausblenden falscher Hoffnungen eine echte Mitwirkung zu ermöglichen. Die FTB beantragte ein "System der abgestuften Bürgerbeteiligung" bei der Bauleitplanung. Prinzip: Je größer die Bedeutung des Projekts, desto weitreichender die Mitspracherechte.

© SZ vom 07.05.2016 / dh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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