Antijüdische Sakralkunst:Mit Bildersturm ist's nicht getan

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"Antijüdische Plastiken sollen bleiben" vom 9. Dezember, Leserbrief "Verhöhnendes am Dom" vom 16. Dezember sowie "Steinerne Hass-Zeugnisse" vom 21./22. November:

Ich teile die Auffassung von Susanne Klemm aus Leutershausen, die Zeugnisse des Antijudaismus der katholischen Kirche, der "Judensau" am Regensburger Dom, in museale Lapidarien zu entsorgen, keinesfalls und habe über den friedvollen vorweihnachtlichen Kompromiss des runden Tisches Erleichterung empfunden. Für Regensburg, wo sich der Disput schon ewig hinzieht, ist es meines Erachtens gut, wenn "die Steine aus der Mauer sprechen", sofern sie im Kontext zeitgemäß sinnvoll erläutert werden.

Die historischen Bildzeugnisse kirchlicher Fehlhaltung sollte man nicht "entsorgen". Der Antijudaismus zeigte sich nicht nur am Beispiel der "Judensau", sondern auch in anderen diskriminierenden Kunstdarstellungen wie der Glorifizierung der "Ecclesia" und der herabwürdigenden Darstellung der "Synagoga" in der allegorischen Bildumsetzung. Eine hervorragende Ausstellung in den 90er-Jahren (Katalog "Ecclesia und Synagoga", das Judentum in der christlichen Kunst,1993, Herausgeber Herbert Jochum) hat sich einmal dieser Thematik angenommen. Da wäre - denkbar im Regensburger Museum für Bayrische Geschichte - als Ergänzung zu den Steinen, die aus der Mauer sprechen, eine aktuelle erweiterte Neuauflage wünschenswert als Beitrag für den interkulturellen Dialog und als greifbarer Fundus für den Unterricht in den Fächern Religion und Ethik.

Im Übrigen gab es nicht nur den Antijudaismus. Die "Ecclesia militans", die kämpferische katholische Kirche zu Zeiten der Gegenreformation, hat auch den Protestantismus bildlich und knallhart "aufs Korn genommen". Es gibt in der einen oder anderen Jesuitenkirche Darstellungen, wo der Hl. Michael statt des Teufels einen Protestanten aufspießt. Statt eines Bildersturms sind da versierte Kirchenführer gefragt.

Rüdiger Herrmann, Vornbach/Inn

© SZ vom 30.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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