Angst vor Übergriffen:Feiern, aber sicher

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Bis Aschermittwoch hat die Polizei die Kontrollen in der Münchner Innenstadt verstärkt

Von Katja Riedel, München

Drei Marienkäfer schlendern am Sonntagnachmittag durch die Kaufingerstraße, sie wirken ein bisschen einsam. Sie gehören zu den wenigen Kostümierten, die auf ihrem Weg zum Marienplatz die Glühwein- und Marillenschnapsschwaden in der Fußgängerzone kreuzen. Drei Bollerwagen mit Konfetti to go ziehen unbeachtet durch die Fußgängerzone, vor dem Kaufhof kann man Pappnasen oder ein Katzenkostüm Last-Minute erstehen. Und in Dreiergrüppchen patrouillieren Polizisten in dunklen Uniformen durch die Stadt.

Die Polizei zeigt während des Münchner Straßenfaschings mehr Präsenz als üblich, das hatte sie zuvor angekündigt. Dabei geht es um die zwei prägenden Großereignisse der Silvesternacht, um die Münchner Terrorwarnung und um die sexuellen Übergriffe am Kölner Hauptbahnhof. Auch in München hatte es vereinzelt Vorfälle gegeben, deshalb sei man "entsprechend sensibilisiert". Wie viele Beamte im Einsatz sind, will die Polizei nicht sagen, Uniformierte und Zivilbeamte seien "in ausreichender Anzahl" vor Ort. Dabei gehe es auch um Taschendiebstähle und Körperverletzungen, beide Delikte seien in den vergangenen Jahren während der Faschingstage häufiger vorgekommen.

An Rosenmontag und Faschingsdienstag, dem Höhepunkt des Münchner Faschings mit dem "Tanz der Marktweiber" am Viktualienmarkt, werden Kameras am Marienplatz installiert, sie werden in Echtzeit das Treiben überwachen. Dennoch, so sagt es Innenminister Joachim Herrmann (CSU), könnten die Bayern unbeschwert Fasching feiern. Auch deshalb, weil so große Menschenmengen wie in den Karnevalshochburgen im Rheinland bei den bayerischen Faschingsmuffeln gar nicht erst entstehen.

In Einzelfällen seien Übergriffe zwar nicht auszuschließen - "aber dass eine solche Massen-Situation wie Silvester in Köln entsteht und es der Polizei auch nach Stunden nicht gelingt, die Lage zu bereinigen, passiert uns in Bayern nicht", stichelt Herrmann in Richtung seines Amtskollegen Ralf Jäger (SPD) in Nordrhein-Westfalen.

Was die Terrorgefahr angeht, sieht Herrmann Bayern zwar "im Fadenkreuz islamistischer Terroristen", konkrete Anschlagsgefahr bestehe jedoch nicht. Auch Markus Schäfert, Sprecher des Bayerischen Verfassungsschutzes, schätzt die Lage angesichts des Faschingstreibens nicht gefährlicher ein als an jedem anderen Tag seit den Anschlägen von Paris im November. Seitdem hätten die Hinweise insgesamt zwar stark zugenommen, sowohl von anderen Nachrichtendiensten aus dem In- und Ausland als auch aus der Bevölkerung und aufgrund eigener Beobachtungen.

Die Gefahr, dass es einen solchen Anschlag in Deutschland geben könnte, schätzen Sicherheitsbehörden derzeit als hoch ein. "Wir dürfen aber nicht in die Köpfe der Menschen einpflanzen, dass jede Menschenansammlung eine Bedrohung darstellt", sagt Schäfert. Menschen, die jegliche Gefahr ausschließen wollten, müssten nach den Anschlägen von Paris auf Besuche im Café oder Konzerte verzichten. "Es wäre fatal, dieses Signal auszusenden, es würde das Geschäft der Terroristen, die unsere Gesellschaft verunsichern wollen, nur befördern", sagt Schäfert.

© SZ vom 08.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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