Es gibt jedoch mehrere Organisationen, die versuchen, solche Gastfamilien als Heimalternative zu etablieren. So will der Verein Arkade, der in Baden-Württemberg seit 24 Jahren betreutes Wohnen in Familien für psychisch Kranke anbietet, in Zukunft auch Senioren an Pflegefamilien vermitteln. Die Arbeiterwohlfahrt Ostwestfalen-Lippe hat ein solches Projekt bereits vor zwei Jahren gestartet. Und im Schweizer Kanton Bern bieten Bauernfamilien bereits seit 1998 Pflegeplätze an.
Manche sagen: Ihr seid verrückt!
Als Frau Gröbner zwischen Couch, Hocker und Esstisch rangiert, bleibt der Rollator an der Sofakante hängen. Michaela Schmelzer gibt dem Gehwagen im Vorbeigehen einen sanften Stoß. Dann klopft sie Kissen auf, gießt frischen Tee in eine Tasse.
Die Schmelzers haben sich dazu entschieden, ihr Leben mit der betagten Dame zu teilen, weil sie als gläubige Christen davon überzeugt sind, dass sie eine Verantwortung den Alten gegenüber haben. Michaela Schmelzer schätzt es außerdem, dass sie ihren Beruf in den Familienalltag integrieren kann. Für die Betreuung bekommt sie 400 Euro im Monat, außerdem bezahlt Hildegard Gröbner Miete für ihr Zimmer.
Manche Leute halten Michaela Schmelzer für verrückt, das haben sie ihr schon ins Gesicht gesagt. Doch sie selbst versichert: "Ich gewinne wahnsinnig viel." Sie lerne durch das Zusammenleben mit Hildegard Gröbner ganz neue Seiten an ihren Kindern kennen, "und weil ich selbst in einem Drei-Generationen-Haushalt aufgewachsen bin, finde ich es bereichernd, auch das Ende mitzukriegen. Das gehört dazu."
Es ist aber auch nicht nur schön und einfach, das Leben mit einer fremden, alten Frau. An schlechten Tagen stellt Hildegard Gröbner zum Beispiel immer wieder die gleichen Fragen. "Spaßeshalber haben wir gesagt: Wir haben jetzt ein fünftes Kind", erzählt die gelernte Krankengymnastin. "Der Frust und auch die Traurigkeit dabei ist: Alte Menschen kann und darf man nicht erziehen, das entspricht ihnen nicht. Beim Kind hat man die Hoffnung, dass es dazulernen wird."