Alternativen zum Fleisch:Gut gewürzte Schinkenspicker aus Soja

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Gesund ist anders: Vegetarische Fleischersatzprodukte halten oft nicht, was sie versprechen

Von Franz Kotteder

Was heutzutage ein richtiger Fleischverarbeiter ist, der lässt sich das Geschäft von Vegetariern nicht vermiesen, sondern er macht eines mit ihnen. Viele Unternehmen, die Wurst herstellen und Fleisch abpacken, verdienen an diesem Ernährungstrend mit und wenden sich an die sogenannten Flexitarier, die zwar auch Fleisch und Fisch auf dem Speiseplan haben, sich aber trotzdem zunehmend vegetarisch ernähren. Und auch Umsteiger sind Zielgruppe: Sie schätzen zwar den Geschmack von Fleisch, möchten sich - aus Tierschutzgründen - aber lieber vegetarisch ernähren.

Von der Firma Rügenwalder Mühle im Norden bis hinunter in den Süden zu Sieber: Vegetarische und vegane Ersatzprodukte stellen viele her. Die nennen sie dann zum Beispiel vegetarische Minifrikadellen, vegetarische Schinkenspicker oder vegetarische Fleischwurst. Oft sind sie aus Soja oder Weizen. Aber manchmal nicht nur daraus, wie der Fall Sieber nahelegt, bei dem man in den vegetarischen Produkten die gleichen Listerien entdeckt hat wie in den Fleischwaren.

Eigentlich ist das logisch, denn viele Unternehmen stellen die vegetarischen Lebensmittel auf den gleichen Produktionsstraßen her wie die fleischhaltigen. "Das ist nicht ungewöhnlich", sagt Stephanie Stragies, Sprecherin des deutschen Vegetarierbundes (Vebu), "die Maschinen müssen eben entsprechend gereinigt werden. Das schreibt das Lebensmittelgesetz ja auch vor." Ein geringer Prozentsatz an Rückständen werde zwar toleriert, müsse auf der Verpackung aber angegeben werden, mit der Formulierung: "Kann Spuren von . . . enthalten." Bei Sieber gab es diese Rückstände nicht, hier gab es eigene Maschinen. Aber es fehlte ganz offensichtlich an der Hygiene. Stragies: "So einen Fall gab es bisher nicht. Da wurde vom Hersteller geschlampt."

Den besten Ruf haben die industriell gefertigten vegetarischen Fleischersatzprodukte ohnehin nicht. Die Zeitschrift Ökotest hat die gängigen Marken in Supermärkten, Discountern und in Bioketten vor Kurzem untersucht, die Ergebnisse wurden Anfang Juni veröffentlicht.

Die Sieber-Marke Vegetaris ist zwar nicht dabei, aber bei den 22 getesteten Produkten ergab sich ein klares Bild: Nur ein einziges wurde mit "gut" bewertet, knapp die Hälfte kam in die Kategorie "mangelhaft" oder "ungenügend". Ökotest stellte unter anderem eine "überraschend hohe Belastung mit gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen" fest, die wohl aus den Kunststoffverpackungen stammten. Veggie-Bratwürste enthielten oft einen hohen Prozentsatz an Mineralölen, und viele Produkte seien zu stark gesalzen, enthielten viele Zusatz- und Aromastoffe oder Hefeextrakt und Würze, um einen fleischähnlichen Geschmack zu erreichen.

Der Vegetarierbund sieht in den Ersatzprodukten dennoch eine "gute Alternative für Umsteiger und Flexitarier". Wenig verarbeitete Lebensmittel seien immer gesünder als solche, die stark verarbeitet wurden. "Jede Form der Ernährung sollte ausgewogen und vielfältig sein", sagt Stephanie Stragies, "ein gesunder Speiseplan besteht laut Weltgesundheitsorganisation ja auch für Fleischesser überwiegend aus Obst und Gemüse sowie Hülsenfrüchten und Vollkorngetreideprodukten."

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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