Alkoholherstellung:Ausgebrannt

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Die Brennereien liefern ihren Rohalkohol an die Destillation am Leuchtenbergring, dort wird er zu 99,9-prozentigem Alkohol veredelt. (Foto: Angelika Bardehle)

Die einst staatliche Destillation in Berg am Laim ist insolvent

Von K. Kutsche, R. Scharnitzky

Als vor gut zwei Jahren das staatliche Branntweinmonopol auslief, stand die bundeseigene Destillationsfabrik am Leuchtenbergring vor einer ungewissen Zukunft. Nun ist womöglich auch der Versuch gescheitert, sie privatwirtschaftlich zu betreiben: Ihre Betreiberin, die Deutsche Agraralkohol AG, ist zahlungsunfähig. Entsprechende Informationen der Süddeutschen Zeitung bestätigte am Freitag der Prokurist der Firma, Jens-Peter Schmidt; demnach wurde bereits am 9. Februar der Insolvenzantrag eingereicht. Allein im Münchner Umland sind davon sieben Brennereien betroffen.

Die AgrAlko AG wurde 2014 als Nachfolgerin der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BfB) gegründet; sie gehört 47 landwirtschaftlichen Brennereien, die aus Kartoffeln oder Weizen Rohalkohol herstellen. Diesen liefern sie an die AgrAlko in Berg am Laim, dort wird er gereinigt. So entsteht ein 99,9-prozentiger Alkohol, der von Kosmetik-, Arznei- oder Lebensmittelherstellern verarbeitet wird. Bis zum Herbst 2013 war dieses Geschäft gesetzlich gesichert: Es gab ein staatliches Monopol für die Branntweinherstellung, das von der BfB durchgesetzt wurde. Dieses lief jedoch wegen des EU-Wettbewerbsrechts aus. Indem sie eine Aktiengesellschaft gründeten und die staatliche Alkoholvertriebsstelle an der Neumarkter Straße übernahmen, starteten die Brennereien den Versuch, am freien Markt zu bestehen und Industriealkohol ohne staatliche Subventionen zu produzieren und zu verkaufen. Das Gelände der Destillationsanlage gehört weiter dem Bund, von dem es die AgrAlko AG gepachtet hat.

Wie der vorläufige Insolvenzverwalter Axel Bierbach sagte, war die auf 40 Millionen Liter pro Jahr ausgelegte Anlage bei Weitem nicht ausgelastet. Zudem habe sich die Erwartung, als Privatunternehmen nahtlos die gleichen Umsätze und Gewinne zu erzielen wie der Staat, nicht erfüllt. "Der Einstieg in den freien Markt war schwieriger als erwartet", sagte Bierbach. AgrAlko-Prokurist Schmidt bestätigt, dass man auf Zukäufe aus dem Ausland angewiesen gewesen sei. Auch seien einzelne Kunden abgesprungen oder hätten geringere Mengen gekauft. In Berg am Laim sind nun die Arbeitsplätze von 20 Mitarbeitern sowie 18 geringfügig Beschäftigten in Gefahr. Bei letzteren handelt es sich um die Pförtner, die das Gelände der Anlage bewachen: Der veredelte Alkohol wird als Gefahrgut eingestuft.

Die Gehälter der Mitarbeiter seien bis einschließlich April gesichert, sagte Bierbach. Seine Aufgabe sei jetzt, den Betrieb am Laufen zu halten: "Eine Firma, die noch arbeitet, ist für die Gläubiger und ihre Forderungen besser als ein Betrieb, der ruht." Über die Chancen, ob die Firma weitermachen kann, will Bierbach noch nichts sagen. Auch Prokurist Schmidt möchte die Höhe der Schulden nicht benennen, sagt aber: "Die Hoffnung stirbt zuletzt." Dem Betrieb helfen könnten staatliche Zuschüsse. Für die an die Brennereien liefernden Landwirte sei die Situation auch deshalb schwierig, weil sie jetzt Saatgut kaufen und ausbringen müssten, sagte er: Je schneller die Insolvenz abgewendet werden könne, desto besser.

© SZ vom 20.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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