Affäre um Diktatorensohn:Gaddafi und die Bayern

Alles korrekt gelaufen! Bayerns Justizministerin Beate Merk verteidigt das Vorgehen der Justiz im Fall des Gaddafi-Sohnes. Doch die entscheidende Frage beantwortet sie nicht.

Bernd Kastner

Es war eine heikle Angelegenheit für die bayerische Justiz und Polizei: Ein Sohn des libyschen Diktators Gaddafi lebt über Jahre in München und schlägt immer wieder über die Stränge. Sensibel und diplomatisch haben die Ermittler darauf reagiert, das halten sie sich selbst zugute, waren doch Racheaktionen des Vaters an deutschen Staatsbürgern zu befürchten, falls man dem Sohnemann zu sehr auf die Füße tritt.

Dass bei knapp einem Dutzend Ermittlungsverfahren fast nichts rausgekommen ist, hat die bayerische Justizministerin Beate Merk im Landtag nun verteidigt: Alles korrekt gelaufen! Von wegen Sonderbehandlung!

Doch um die entscheidende Frage drückt sich die CSU-Ministerin: Warum verrät ein Münchner Oberstaatsanwalt der libyschen Botschaft, dass er eine Durchsuchung plane im Münchner Gaddafi-Anwesen? Merk will dies nicht beanstanden, und ihre Leute sagen: Man habe die diplomatische Immunität abklären wollen. Und außerdem wisse man gar nicht mehr, ob der Staatsanwalt die Razzia wirklich ankündigte. Wie bitte? Es war doch das Justizministerium selbst, das kürzlich genau dies offiziell verkündet hat. Gefunden jedenfalls haben die Ermittler nichts Verdächtiges mehr im Hause Gaddafi.

Den Landtags-Grünen gebührt Lob, weil sie Licht in die Gaddafi-Affäre gebracht haben. Doch in der Frage der Durchsuchung haben sie es versäumt, die Ministerin festzunageln. Dass die SPD die Arbeit der Staatsanwaltschaft gar als "korrekt" lobt, ist fast so befremdlich wie das Agieren der Ermittler selbst. Diese haben, der Diplomatie zuliebe, etwas zu sensibel gearbeitet. Angesichts von Gaddafi scheint der Justitia die Augenbinde etwas verrutscht zu sein.

© SZ vom 01.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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