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Beatrice Blechschmidt spielt seit gut 40 Jahren Faustball. (Foto: Stephan Rumpf)

Die letzten verbliebenen Münchner Faustball-Vereine finden kaum noch Nachwuchs

Von Thomas Becker

So ganz genau weiß man es nicht, aber es gibt Hinweise darauf, dass Faustball zu den ältesten Sportarten der Welt gehört. Drei Jahrhunderte vor Christus soll in Italien ein Spiel entstanden sein, bei dem eine Kugel aus Leder mit Armen und Fäusten malträtiert wurde. Schriftlich hat man das Ganze erst gut 500 Jahre später durch Gordianus, immerhin Kaiser von Rom. Heutzutage kommt die Faustballspielerei, ganz grob gesagt eine Art Volleyball mit Einmal-aufkommen-lassen, ein gutes Stück bodenständiger daher. Wenn überhaupt noch. Trifft sich die Bezirksliga-Mannschaft der Turnerschaft 1905 München mittwochabends auf dem Feld oder in der Halle einer Riemer Grundschule, dann ist das eine recht übersichtliche Veranstaltung, bei der Männer und Frauen auch mal gemeinsam auf dem Platz stehen: "Damit man überhaupt Mannschaften zusammenkriegt, dürfen in der Bezirksliga auch gemischte Teams an den Start gehen", erklärt Beatrice Blechschmidt.

Vor mehr als 40 Jahren, mit zwölf, hat sie angefangen mit Faustball in Saarbrücken, wurde später zwei Mal deutscher Meister und drei Mal sogar Europapokalsieger mit dem Nachbarverein TV Scheidt - bevor sich die Faustball-Abteilung auflöste. Blechschmidt zog nach Bayern, spielte für den TV Planegg-Krailling - bevor sich die Faustball-Abteilung auflöste. Wobei: "Die Alten spielen immer noch", sagt Blechschmidt, "nehmen aber nicht mehr am Spielbetrieb teil." Und so sieht es fast überall in den Münchner Faustballabteilungen aus. "Die einzigen Mannschaften, die noch um Punkte spielen, sind die Turnerschaft 1905 München und der SV Weiß-Blau Allianz München. Früher gab es Siemens Ost, Siemens Süd, Schwabing, Pasing, Planegg-Krailling. Jetzt gibt es im Einzugsgebiet von rund 70 Kilometern nur noch zwei Klubs mit Jugendarbeit: Unterpfaffenhofen und Rosenheim." In Norddeutschland sei Faustball populärer, dort gebe es sogar Schulmeisterschaften, sagt Blechschmidt: "Auch im Stuttgarter Raum gibt es fast auf jedem Dorf noch einen Faustballverein."

Sogar olympisch soll Faustball werden, wenn es nach den Verbandsbossen geht. Schließlich ist Deutschland mit zwölf Weltmeistertiteln bei den Männern und vier bei den Frauen die absolut führende Faustball-Nation, die nächste WM findet in Mannheim statt. Den Randgruppen-Status der Sportart belegen jedoch folgende Personalien: Der Mittelmann der Nationalmannschaft spielt im Hauptberuf als Profi Volleyball. Und ein Schweizer Faustballer ist im Winter Profi-Eishockeyspieler und spielt Faustball nur zum Ausgleich. Und die Zukunft dürfte nicht rosiger werden. In den beiden Bezirksligamannschaften der Turnerschaft 1905 München sind die Jüngsten Mitte 20, die Ältesten 50 plus. Nachwuchs? Fehlanzeige. Beatrice Blechschmidts eigene Tochter ist zwar eine Sportskanone, aber wenn sie früher mit ihren Eltern - Papa Rudi spielte 2. Bundesliga - zum Faustball ging, war sie immer das einzige Kind. Und allein funktioniert Faustball halt nicht.

© SZ vom 19.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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