Abstellgleis:Wipp und weg

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Julia und Daniel landen mit Teilzeit auf dem Abstellgleis

"Wir wünschen uns beide viel Zeit für die Familie, doch dafür haben wir den falschen Beruf gewählt", konstatiert Julia Schneider trocken. Sie und ihr Mann Daniel, die in Wirklichkeit anders heißen, arbeiten als Assistenzärzte an einer Münchner Universitätsklinik und müssten sich eigentlich voll auf den Job im Krankenhaus, auf Labor und Weiterbildung konzentrieren. Doch ihrer zweijährigen Tochter Lena zuliebe tun sie das nicht und leben stattdessen ein Modell, das die US-Autorin Hanna Rosin als "Wipp-Ehe" bezeichnet: Erst arbeitete Julia Schneider Teilzeit, um Daniel für seine Karriere den Rücken frei zu halten, dann reduzierte er für eineinhalb Jahre seine Stunden. Begeistert ist der Arbeitgeber von den ständigen Elternzeit- und Teilzeitanträgen nicht. Weil ihre Arbeitsverträge in der Klinik nur befristet sind, wollen die beiden lieber anonym bleiben.

Funktioniert der Rollenwechsel denn? Im Alltag super, finden beide. Die Aufgaben seien klar verteilt. Der, der gerade in Teilzeit arbeitet, ist zu Hause für alles zuständig. Der andere hilft nur mit. Da Julia und Daniel beide Rollen kennen, empfinden sie das nicht als ungerecht. Ein Problem ist die Wipp-Ehe auf lange Sicht: "In der Medizin musst du bis zum Alter von 40 Jahren deine Karriere gemacht haben", sagt der 35-jährige Daniel Schneider. Doch Teilzeitmitarbeiter stünden auf dem Abstellgleis. Vor allem für seine Frau Julia, 39, ist das ein Problem - ein doppeltes. "Für ein zweites Kind gilt ebenfalls: Jetzt oder nicht", sagt sie.

Wie und ob sie weiter die Rollen tauschen, wollen die beiden daher pragmatisch entscheiden, je nachdem, wie ihre Familienplanung läuft und für wen sich beruflich die besseren Chancen auftun. Beide können sich vorstellen, ganz oder teilweise zu Hause zu bleiben, beide würden auch gerne Vollzeit arbeiten. Nur gleichzeitig Vollzeit ist ausgeschlossen. "Dafür ist uns Familie zu wichtig."

© SZ vom 27.02.2016 / bavo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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