Abschiebungen in München:"Ich verstehe das nicht"

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"Ich verstehe das nicht", sagt er, "ich habe doch alles versucht, um das Amt zufriedenzustellen." Die Ausländerbehörde hatte ihn stattdessen aufgefordert, auf eigene Kosten zur afghanischen Botschaft nach Berlin zu fahren und einen Pass zu beantragen. In der Hoffnung, eine Duldung zu bekommen, reichte er den Pass bei der Ausländerbehörde in Passau ein - wenig später holte ihn die Polizei ab.

Wieder kam er nach München. Aus der Stadt der Hoffnung war längst die Stadt der Enttäuschung geworden. Er musste das erste Mal nach Stadelheim in Abschiebehaft, wo Mitarbeiter des BAMF ein Gespräch mit ihm führten. "Ich habe ihnen gesagt, dass ich mich vor den Taliban fürchte", erzählt er. Sein Asylantrag wurde abgelehnt.

Doch die Hoffnung gab er nicht auf. Eine Passauer Unterstützergruppe um Anne Hahn, eine Ärztin im Ruhestand, ging für ihn durch sämtliche juristische Instanzen: das Verwaltungsgericht in Passau, den Petitionsausschuss, die Härtefallkommission des Landes Bayern. Immerhin wurde er aus Stadelheim entlassen. Die Ärztin riet ihm, sich vor den Behörden zu verstecken. Dass sie dadurch ihre staatliche Zulassung als Ärztin verlieren könnte, sieht sie gelassen: "Er ist wie ein Sohn für mich."

Afzali tauchte unter - zuerst in Italien, dann in Frankreich. Er schlief in U-Bahn-Stationen, versteckte sich in Zügen vor den Schaffnern auf Toiletten. Mit einer Mitfahrgelegenheit kam er nach München, von wo aus er weiter nach Berlin wollte. Doch am 26. Februar dieses Jahres nahmen ihn Polizisten in einer Unterführung fest. Er war ihnen verdächtig erschienen. Erneut ging es nach Stadelheim in Abschiebehaft.

Einen Tag nach seinem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sollte er abgeschoben werden. Polizisten kamen in die JVA, um ihn zum Flughafen zu begleiten. Die Nachricht traf ihn so sehr, dass er zusammenbrach. Der Gefängnisarzt ließ ihn in die Psychiatrie des Klinikums Haar einweisen, wo laut Hahn eine post-traumatische Belastungsstörung festgestellt wurde.

Mit dem ärztlichen Gutachten wird seine Rechtsanwältin Petra Haubner einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen. "Wird eine Belastungsstörung nachgewiesen, wovon ich ausgehe, muss das BAMF ein Abschiebeverbot aussprechen", fordert die Juristin. Sollte es tatsächlich so kommen, dann würde München doch noch zur Stadt der Hoffnung für Ismail Afzali werden.

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