50 Euro Geldbuße:Abenteuerliche Ausflucht

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Ein Theologe fährt mit dem Roller durch den Englischen Garten - und redet sich heraus

Von Ekkehard Müller-Jentsch

"Du sollst nicht lügen!" Das steht zwar so nicht in den Zehn Geboten. Doch die Geschichte, mit der sich ein beim Rollerfahren im Englischen Garten erwischter Theologe herausreden wollte, klingt allzu abenteuerlich. Dennoch zeigte sich ein Münchner Amtsrichter milde und beließ es bei 50 Euro Geldbuße.

An einem Sonntag im August 2015 fuhr der 74-Jährige gegen neun Uhr mit seinem Motorroller südlich des Aumeisters auf der Höhe des "Schwammerlteichs" durch den Englischen Garten. Dieser Bereich gehört zum Landschaftsschutzgebiet "Hirschau und Obere Isarau". Ohne Sondererlaubnis darf hier niemand mit einem Kraftfahrzeug unterwegs sein.

Als der Mann mit dem Roller von einem Fußgänger zur Rede gestellt wurde, kam es offenbar gleich zu einem Streit. Später gab dieser Passant vor Gericht als Zeuge an, der Theologe habe ihm zunächst gesagt: "Ich habe eine Sondergenehmigung". Als der Wortwechsel eskalierte, habe der Senior ihn angeherrscht, er solle "daheim erst mal mit seiner Frau alles in Ordnung bringen". Der Spaziergänger hatte den Rollerfahrer daraufhin angezeigt.

Vor Gericht gab der Theologe, der nach eigenen Angaben seit 35 Jahren begeisterter Motorradfahrer ist, nun eine neue Geschichte zu Protokoll: Er habe einer schlanken Frau osteuropäischen Typs helfen wollen. Diese habe weinend auf der Wiese gesessen und habe ihm gesagt, dass sie auf einen fremden Jungen im Alter von elf oder zwölf Jahren mit roter Jacke und blauen Jeans aufpassen sollte. Dieser sei nun aber verschwunden. "Ich habe mich auf den Roller geschwungen", sagte der 74-Jährige dem Richter. Da ein Verbrecher den Jungen ins Gebüsch hätte ziehen können, "habe ich immer wieder Halt gemacht und geschaut". Als er erfolglos von seiner Suche zurückgekehrt sei, habe er die Frau nicht mehr angetroffen.

Diese Schilderung verblüffte den Zeugen: "Die Suche nach einem Kind hatte er mir gegenüber nicht geschildert." Dennoch sah sich der Amtsrichter letztlich nicht in der Lage, die Rechtfertigungsgeschichte des Theologen zu widerlegen. Er verurteilte den 74-Jährigen wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit zu 50 Euro Geldbuße. Das ist milde, sieht doch das Bayerische Naturschutzgesetz einen Bußgeldrahmen von bis zu 50 000 Euro vor.

Strafmildernd habe das Gericht berücksichtigt, dass der Betroffene schon lange Motorrad fahre, ohne dass er sich strafrechtlich dadurch etwas zuschulden habe kommen lassen, heißt es in der Urteilsbegründung. Strafschärfend fiel dagegen ins Gewicht, dass die Fahrtstrecke im Englischen Garten mindestens einen Kilometer betragen hatte, noch dazu mit Tempo 30.

Das Urteil (Az.: 1122 OWi 237 Js 238083/15) ist rechtskräftig.

© SZ vom 19.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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