25 Jahre Flughafen-Umzug:Motorsägen statt Pelzmäntel

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Bis zu 70 000 verlorene und vergessene Dinge landen jedes Jahr bei Josef Rankl. (Foto: Marco Einfeldt)

Am 17. Mai 1992 nahm der Flughafen im Erdinger Moos seinen Betrieb auf. Sieben Mitarbeiter, die von der ersten Stunde an mit dabei waren, erzählen, wie sich das Fliegen und ihre Arbeit verändert haben. Etwa auch die Fundstücke: Josef Rankl leitet das Flughafen-Fundbüro

Von Clara Lipkowski

Josef Rankl, 55, erinnert sich noch genau, wie er als "Loader" früher mit seinen Kollegen 500 Koffer von Hand verladen hat. "Das war ein Knochenjob", sagt er. Heute gehe das alles maschinell. Auch die Fluganzeige läuft längst auf Bildschirmen und nicht mehr wie früher auf per Hand gesteuerten Tafeln. Früher, das war noch in Riem, als Rankl im Passagierdienst war. Nach dem Umzug wechselte er zur Fundstelle in Terminal 1 und wurde später deren Leiter. Vom Auszug aus Riem ist er heute noch begeistert, "das gab's ja noch nie, in einer Nacht umzuziehen, das war pure Euphorie. Und als die Lichter in Riem ausgingen, saßen wir gemeinsam vorm Fernseher und es herrschte Totenstille."

Am neuen Standort änderte sich vieles, auch die Fundstücke: "Fliegen war ja früher was Besonderes, die Passagiere trugen Anzug und Krawatte, nicht wie heute Jogginghose." Also waren auch die Fundstücke hochwertiger. "Damals hatten wir Pelzmäntel und echten Goldschmuck." Heute ist von allem etwas dabei. In einem fensterlosen Raum öffnet er die Tür eines Metallschranks, Benzingeruch entweicht, und da liegen - Tatsache - ein halbes Dutzend Motorsägen, ölig und verrostet. Im Raum nebenan stecken in Kunststoffboxen Handys, daneben zig Tablets, teils nagelneu, Schlüssel, E-Bikes und Scooter. Auch Goldfische und entlaufene Katzen seien schon abgegeben worden, sagt Rankl. Ihn überrascht nichts mehr. Bis zu 70 000 Habseligkeiten sammeln sich im Jahr an, bald kämen wieder viele dazu, schließlich stehe die Hauptreisezeit an. Auf der Suche nach dem rechtmäßigen Besitzer gerate man durchaus in persönliche Lebensgeschichten, "auf RTL2-Niveau", sagt er. Ein Mann hatte sein Handy verloren, man konnte die Ehefrau kontaktieren. Es stellte sich heraus, dass der Mann nicht in München, sondern in Barcelona hätte sein sollen. Die Frau war wenig begeistert, das Handy aber bekam der Mann zurück. In 48 Prozent der Fälle bekommen die Besitzer ihr Fundstück wieder, der Rest wird versteigert. Die Motorsägen übrigens, sagt Rankl, seien dann begehrt.

© SZ vom 17.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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