24 Stunden Streik:Der Fahrgast zahlt die Zeche

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Streik gilt als höhere Gewalt: Kunden mit Zeitkarten haben keinen Anspruch auf Entschädigung.

Dominik Hutter

Viel Zeit zur Muße hat Heinrich Birner nicht. Am Donnerstag die große Kundgebung der Landesbeschäftigten in Nürnberg, zu der 550 Münchner Gewerkschaftler per Bus gekarrt wurden, am Freitag um 10.30 Uhr die MVG-Streikversammlung am Stachus, parallel dazu ein Ausstand der Telekom-Mitarbeiter - Münchens Verdi-Chef muss derzeit an drei Tariffronten gleichzeitig die Aktionen koordinieren. "Aber ohne Warnstreik geht in diesem Frühjahr überhaupt nichts vorwärts", betont Birner. 2009 werde ein "unbeständiges Jahr".

Am Freitag, 28. Februar 2009, werden in München U-Bahn und Tram 24 Stunden bestreikt. (Foto: Foto: AP)

Den vorläufigen Höhepunkt bildet zweifellos dieser Freitag: 24 Stunden lang keine U-Bahn, keine Trambahn, lediglich ein notdürftig zusammengeflicktes Busnetz - das kommt nicht überall gut an. Beide Akteure im Tarifkonflikt des Nahverkehrs meldeten sich daher am Donnerstag nochmals zu Wort: der Kommunale Arbeitgeberverband mit einem Appell, auf den "überflüssigen" Streik zu verzichten und lieber konstruktiv zu verhandeln. Die Gewerkschaft dagegen pocht erneut auf die Heilkraft hoher Lohnabschlüsse für die darbende Wirtschaft.

Den Fahrgästen nützen derlei schöne Worte nichts. Sie müssen am Freitag, die bezahlte Monatskarte in der Tasche, im Schneeregen stehen. Auf die Geld-Zurück-Garantie der MVG oder eine Entschädigung kann dabei keiner hoffen. Vorsicht also bei eigenmächtigen Racheakten - dem Einreichen hoher Taxirechnungen beim MVV etwa. "Eine Erstattung ist grundsätzlich ausgeschlossen", heißt es bei der MVG, die Zeche bleibt in jedem Fall am Fahrgast hängen. "Schließlich streikt nicht die MVG, sondern sie wird bestreikt." Eine Art höhere Gewalt liegt also vor, wie auch Markus Saller von der Verbraucherzentrale in der Mozartstraße bestätigt. Wofür die MVG nichts könne, könne sie nicht haftbar gemacht werden.

Immerhin springt die S-Bahn in die Bresche. Mit 50 Zusatzzügen auf der Stammstrecke, das entspricht 75000 Mitfahrgelegenheiten, sollen die Fahrgäste zumindest in Ost-West-Richtung noch ihr Ziel erreichen können. Ein kurzes Aufbäumen, bevor am Wochenende auch dieses Verkehrsmittel sein Angebot reduziert: Am Sonntag kommen zwischen Pasing und Donnersbergerbrücke nur noch Pendelzüge durch. Schuld daran ist allerdings kein Arbeitskampf, sondern die Baustelle am neuen S-Bahnhof Hirschgarten.

Eher harmlos verlief der Ausstand im öffentlichen Dienst am Donnerstag. Zwar blieben Birner zufolge mehrere Operationssäle in den Unikliniken geschlossen. Die Krankenhäuser selber betonten aber, es habe keine Einschränkungen in der medizinischen Versorgung gegeben. Ungefährdet blieben auch die Currywurstversorgung in der Uni-Mensa und das staatliche Kulturangebot: "La Calisto" in der Staatsoper und "Molières Misanthrop" im Residenztheater.

© SZ vom 27.02.2009/brei - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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