Freiwilligenmesse am Sonntag im Gasteig:Mit Lust bei der Sache

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Viele Münchner wollen sich ehrenamtlich engagieren - allerdings immer häufiger ohne langfristige Verpflichtung

Von Sven Loerzer

Allein schon das Wort: Ehrenamt. Das klingt mehr nach Bürde als nach Lust. Dabei sei das ein "überholtes Bild", sagt Gerlinde Wouters, Leiterin der Förderstelle für Bürgerschaftliches Engagement (FöBE). Im englischsprachigen Raum heißen die Ehrenamtlichen "Volunteers", Freiwillige. Die Zeiten seien aber auch hier in München lange vorbei, in denen sich Ehrenamtliche "langjährig bis lebenslänglich" einer Sache verschreiben müssen. Einmal mitzumachen bedeutet nicht, immer mitzumachen: "Man kann auch wieder aufhören und an einer anderen Stelle anfangen", sagt Wouters.

Die Bereitschaft, sich zu engagieren, ist groß. Laut der Bürgerbefragung von 2016 gaben 49 Prozent der Münchner an, dass sie sich in den vergangenen zwölf Monaten freiwillig engagiert hätten. Die meisten sind im Bereich Sport und Bewegung aktiv, fast ebenso viele im sozialen Bereich. Insgesamt sind rund 600 000 Einwohner im Alter über 18 Jahren ehrenamtlich tätig. Entgegen landläufiger Vorstellungen ist der Anteil der Engagierten nicht bei den Senioren am höchsten, sondern in der Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen, gefolgt von den 14- bis 29-Jährigen.

Besonders groß ist die Bereitschaft, sich für die Umwelt zu engagieren. "Dieses Engagement ist jung und kreativ", sagt Gerlinde Wouters. Bei den Befragungen auf der jährlich von der FöBE veranstalteten Freiwilligenmesse standen sich "Nachfrage und Angebot im Umweltbereich diametral gegenüber". Und bei der Anwerbung von Ehrenamtlichen war eine Organisation wie der Landesbund für Vogelschutz "der Abräumer", wie Wouters sagt: "Die ziehen mit 40 Ehrenamtlichen weg." Grund genug also, um in diesem Jahr das Thema Umwelt in den Mittelpunkt der Messe zu rücken. Ob Ploggen - Joggen und dabei Müll aufsammeln - oder Plastikfasten, das Angebot für Freiwillige ist vielfältig. Anwohner lassen als Grünplatzpaten auf kahlen Baumscheiben Wildblumen erblühen, andere Menschen engagieren sich bei "München summt" für die Rettung der Bienen und für die Artenvielfalt.

Viele Organisationen haben sich bereits darauf eingestellt, dass Freiwillige sich nur einmalig und kurzfristig engagieren wollen. Die Lust, sich einer Sache zu widmen und dabei neue Leute kennen zu lernen, soll nicht zur Last werden. Die Freiwilligenagentur Tatendrang, die zum Engagement bei rund 450 Organisationen berät, hat für Kurzentschlossene den Dienst "Whats to do" eingerichtet, der Interessierte per Whatsapp-Service ein- bis dreimal pro Woche über kurzfristige Einsätze von ein bis vier Stunden Dauer mit verschiedenen Aufgaben informiert.

Wer sich engagiert, müsse nicht befürchten, "dass wenn man den kleinen Finger gibt, die Organisationen gleich nach der ganzen Hand greifen", sagt Wouters. Für die Umweltorganisation Green City ist das kein Problem. "Wir haben viele Ehrenamtliche, die nur sporadisch mitarbeiten", sagt Ehrenamtskoordinatorin Katja Stemmler. "Und auch wenn sie nur ein Wochenende im Jahr zur Verfügung haben, wir können sie unterbringen." Ähnlich sieht es Martina Tollkühn vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC): "Wir haben ein großes Portfolio." Das reicht vom Lastenradfahrer, der das ADFC-Magazin an die Fahrradhändler austeilt, über die vielen Arbeitskreise bis hin zu Tourenleitern für Radtouren. Antje Wagner, ehrenamtlich im ADFC-Vorstand, hat Freude daran, gemeinsam mit anderen etwas zu bewegen. Sie engagiert sich bei der Vorbereitung des Radentscheids in München: "Es fehlt an allen Ecken und Enden, damit Radfahren in München angenehm, attraktiv und sicher wird. Wir möchten einen Bürgerentscheid auf den Weg bringen, um den Radverkehr zu verbessern."

© SZ vom 24.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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