Zu Fuß kam Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa vor fünf Jahren zur feierlichen Amtseinführung in den Nationalpalast von Belém. Schon das war eine Schlagzeile. "Nie da gewesen" nannte die einst von Rebelo de Sousa selbst gegründete Wochenzeitung Expresso den Auftritt des neuen Staatsoberhaupts. Er setzte den Ton für die folgende Amtszeit: Rebelo de Sousa ist ein nahbarer Präsident. An diesem Sonntag wird er wohl wiedergewählt werden, so sagen es die Umfragen voraus. Zumal drei von sieben Kandidaten den Wahlkampf wegen der Pandemie vorzeitig abgebrochen haben.
"Marcelo", wie er in Portugal genannt wird, hat weitergemacht. Unterbrechen musste der 72-Jährige seine Auftritte erst, als er Mitte Januar positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Obwohl danach zwei weitere Tests ein negatives Ergebnis anzeigten, begab Rebelo de Sousa sich in Selbstisolation. Um seinen Wahlsieg musste er da schon nicht mehr fürchten. Als Kandidat der konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD) tritt er unter anderem gegen die frühere sozialistische Europaabgeordnete Ana Gomes an, die in den Umfragen weit abgeschlagen den zweiten Platz belegt. 2016 hatte Rebelo de Sousa 52 Prozent der Stimmen erhalten, diesmal dürften es noch mehr werden.
Rebelo de Sousas Charme liegt darin, dass er beides kann: präsidial wirken und zugleich volksnah. Im Sommer sorgte ein Foto für Schlagzeilen, auf dem der Präsident, in türkisfarbenen Badeshorts und mit Maske, an einer Supermarktkasse Schlange stand. Botschaft: Das ist einer von uns. Von ihm gibt es fast so viele Strandbilder wie von Hollywoodstars. Und als Rebelo de Sousa sich im Herbst gegen Grippe impfen und oben ohne mit sonnengebräuntem Oberkörper ablichten ließ, machte das Internet ein Meme daraus.
Sein Vater war Minister während der Salazar-Diktatur
Rebelo de Sousa stammt aus einem katholischen Lissabonner Elternhaus. Sein Vater Baltasar Rebelo de Sousa war während der Salazar-Diktatur unter anderem Gouverneur der damaligen portugiesischen Kolonie Mosambik sowie Gesundheitsminister. Als der Vater nach der Nelkenrevolution 1974 ins Exil nach Brasilien ging, war Sohn Marcelo bereits in der Opposition aktiv. Er studierte Jura sowie Politik- und Wirtschaftswissenschaften und promovierte. Nach einigen Jahren als Juradozent, Rechtsberater und Journalist widmete er sich hauptberuflich der Politik, kehrte aber sowohl an die Uni als auch in die Redaktion zurück, als sich der PSD Mitte der Achtzigerjahre zerstritt.
Die dreifache Wirkung als intellektueller Juraprofessor, populärer Fernsehkommentator und engagierter Politiker dürfte den Ausschlag gegeben haben für seinen Erfolg bei der Präsidentenwahl 2016. Die Portugiesen kannten ihren "Marcelo" da bereits aus seiner eigenen Fernsehsendung, in der er unter anderem die Staatsschuldenkrise kommentiert hatte, in die Portugal 2009 geraten war.
Seitdem gibt Rebelo de Sousa den Brückenbauer. Obwohl Portugals Premier António Costa der Sozialistischen Partei vorsteht, gilt das Verhältnis zwischen konservativem Staatschef und linkem Regierungschef als hervorragend. Costa saß einst in Rebelo de Sousas Vorlesungen, bis heute schaut er zu ihm auf. "Die beiden telefonieren oft und haben ein gemeinsames Ziel: ein gutes politisches Auskommen miteinander", so beschreibt es der Journalist Diogo Torres, der ein Buch über die "ungewöhnliche Gemeinschaft" an Portugals Spitze geschrieben hat. Ein wenig strahle "Marcelos" Leutseligkeit auf den eher spröden Costa ab.
Wobei es Dinge gibt, die dem Präsidenten so schnell keiner nachmacht. Etwa die Aktion, mit der er im August - wieder einmal in Badehose - für Schlagzeilen sorgte. Damals beobachtete der 71-Jährige während eines Fernsehinterviews am Strand, wie ganz in der Nähe ein Kanu umkippte. Sogleich stürzte er sich ins Meer und kraulte den Gekenterten zu Hilfe. Wie gut, dass die Kameras gerade liefen; die Bilder schafften es am Abend in die Hauptnachrichten.