Österreich:Die Fehler der anderen

Kanzler Kurz kennt viele Schuldige, wenn es um die Zögerlichkeit bei de Corona-Maßnahmen geht. Aber auch seine ÖVP hat gerne mitgezaudert.

Von Cathrin Kahlweit

Sebastian Kurz beruft sich in der Corona-Pandemie gern auf den von ihm bewunderten israelischen Premier Benjamin Netanjahu. Dessen Warnung, dass Europa das Virus unterschätze, habe ihn im März wachgerüttelt. Jetzt, ein halbes Jahr später, verweist Kurz darauf, wie erfolgreich Israel die zweite Welle niederkartätscht habe und wie recht Netanjahu hatte: Corona - da brauche man einen langen Atem.

Das mit dem langen Atem ist aber so eine Sache. Österreichs Regierung ist im Frühjahr dafür bewundert worden, wie konsequent sie in der Krise gehandelt habe. Kurz und sein grüner Gesundheitsminister galten als verantwortungsbewusstes Erfolgsduo. Das stimmt schon lange nicht mehr. Vorbereitungen für die zweite Welle, die in Israel schon im September zum Lockdown führte, wurden gar nicht oder zu spät eingeleitet, Zusagen - dass etwa die Schulen offen gehalten würden - wurden gebrochen, Ratschläge von Experten beiseitegewischt.

Kurz betont gern, er hätte ja schon früher durchgegriffen, aber man habe ihn nicht gelassen. Der Kanzler zeigt gern mit dem Finger auf andere. Tatsächlich gab es Widerstand aus den Ländern, der Wirtschaft und vom kleinen Koalitionspartner. Aber auch die Furcht vor den Umfragewerten hat dazu geführt, dass auch die ÖVP vor harten Maßnahmen zurückzuckte.

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