Nahost:Abbas´ riskanter Plan

Der Palästinenserpräsident will sein Volk endlich einmal zur Wahl rufen. Ein Vorzeichen für einen neuen Friedensprozess?

Von Peter Münch, Tel Aviv

Zum Amtsantritt erhält der neue US-Präsident Joe Biden eine Morgengabe aus dem Morgenland: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der seine vierjährige Amtszeit höchst undemokratisch bereits auf 16 Jahre ausgedehnt hat, will sein Volk nun endlich einmal zur Wahl rufen. Das soll ihm neue Legitimität verschaffen und amerikanische Unterstützung sichern auf dem Weg zur Wiederaufnahme von Friedensgesprächen mit Israel. Ein schöner Plan ist das. Doch der Schuss könnte leicht nach hinten losgehen.

Denn ein Wahlsieg von Abbas ist alles andere als sicher. Die Palästinenser sind seiner korrupten und verkrusteten Fatah längst überdrüssig. Statt des 85-jährigen Patriarchen könnte durchaus ein Islamist jener Hamas an die Macht kommen, die in Washington und Brüssel auf der Terrorliste steht. Der Friedensprozess mit Israel wäre dann beendet, bevor ihn Biden überhaupt wieder anstoßen könnte.

Wahlen sind aus westlicher Sicht demnach nur wünschenswert, wenn nicht die Falschen gewinnen. Aus diesem Demokratie-Dilemma kann Abbas seine westlichen Partner nur mit einem eher unwahrscheinlichen Wahlsieg befreien - oder indem er einen Weg findet, nach seiner Ankündigung die Wahl doch wieder zu umgehen. Seinen guten Willen hat er dann schließlich demonstriert - und mehr hat Abbas zum jetzigen Zeitpunkt auch kaum im Sinn.

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