Kriegsverbrechen:Blind für die Schuld

Japan verdrängt immer noch die sexuelle Gewalt, die japanische Soldaten im Zweiten Weltkrieg an koreanischen Frauen verübten.

Von Thomas Hahn

Ein Gericht in Seoul hat zur "Trostfrauen"-Frage gesprochen. Japans Regierung soll pro Person umgerechnet 75 000 Euro Entschädigung an Frauen zahlen, die im Zweiten Weltkrieg zu Sex-Diensten an japanischen Soldaten gezwungen wurden. Und wie reagiert Tokio? Mit einer Beschwerde bei der südkoreanischen Regierung.

Deutlicher kann Japans rechtskonservative Politik-Elite kaum zeigen, dass sie von Gewaltenteilung wenig hält. Auch wenn die Regierung in Seoul wollte - sie könnte nicht in ein Gerichtsverfahren von Privatleuten eingreifen. Niemand kann Opfern ausreden, sie sollen ihr Leid vergessen, bloß weil es Abkommen gibt, in denen Politiker mit Geld und symbolischem Bedauern über dieses Leid hinwegregiert haben. Niemand kann Japan die Aufarbeitung seiner Kriegsschuld abnehmen.

In der Frage der "Trostfrauen" zeigt Japan eine rechtsradikale Seite. Im verehrten Kaiserreich wurden Koreanerinnen ins Militär-Bordell gezwungen? Dieser Teil der Geschichte soll in Vergessenheit versinken. Dafür opfert man in Japan auch die Freiheit der Kunst, wie sich 2019 bei der Aichi Triennale zeigte. Eine Ausstellung mit Exponaten zum Thema wurde geschlossen. Zuletzt beklagte Japan sogar eine "Trostfrauen"-Statue in Berlin-Moabit. Das jüngste Urteil in Seoul ist nicht bedauerlich, es weist auf einen Missstand hin.

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