Facebook:Cyberpunk 2020

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Das Machtmonopol amerikanischer Konzerne kann nur Amerika selbst brechen.

Von Andrian Kreye

Wenn die oberste Handelskommission der USA, flankiert von Justizministern aus 46 Bundesstaaten, Facebook anklagt, geht es um viel mehr als darum, dass die Firma ein Monopol geschaffen hat. Die Klage ist der bisher massivste Vorstoß in einem Kampf zwischen Staatsmacht und Konzernen.

Solche Klagen werden jahrelang vorbereitet, aber in diesem Jahr kommen sie zu einem guten Zeitpunkt. Bisher war die Macht der Cyberkonzerne eine abstrakte Bedrohung, die höchstens das Genre des Cyberpunk richtig beschreiben konnte - die Romane von William Gibson, die "Blade Runner"- und "Matrix"-Filme oder das gleichnamige Computerspiel. Dystopien, in denen die größte Macht immer ein Konzern ist. Im Jahr 2020 leben nun Millionen in US-Großstädten, die von der Politik im Stich gelassen und von der Seuche leer gefegt wurden. In denen eine immer kleinere digitale Oberschicht im Home-Office noch so viel Geld verdient, dass sie sich von Heerscharen Bediensteter pflegen und versorgen lassen kann, die dafür nur einen Hungerlohn bekommen. Während die Cybermilliardäre ihr Vermögen vervielfachen. Auf den Straßen heizen unterdessen künstliche Intelligenzen Unruhen an. Familien, die gerade noch zur Mittelschicht gehörten, fahren mit dem SUV zur wohltätigen Essensausgabe.

Nun sind Dystopien der Science-Fiction, die allmählich Wirklichkeit werden, keine Rechtsgrundlage. Aber auch die Klage selbst hat einen Kern, der tiefer geht als das Kartellrecht, das hier zum Tragen kommt. Facebook hat die Grundregel der freien Marktwirtschaft verletzt, den fairen Wettbewerb. Der aber ist neben der Verfassung und dem Sternenbanner einer der Handvoll kleinster gemeinsamer Nenner, auf die sich die Menschen jener Nation geeinigt haben, die nicht auf Geografie und Geschichte, sondern auf Idealen gegründet wurde.

Vom Ausgang der Klage in den USA hängt auch die Rolle Facebooks im Rest der Welt ab

Nun ist die Klage gegen Facebook nicht die einzige, welche die Digitalkonzerne gerade bedroht. Google hat in den USA eine Klage am Hals, dass es seine Vormachtstellung als Suchmaschine mit unzulässigen Zahlungen an unter anderem Apple gesichert hat. In Australien stellt sich die Regierung derzeit schützend vor den Journalismus und zwingt die digitalen Konzerne dazu, traditionelle Medien für die Inhalte zu bezahlen, die ihre Plattformen mit Inhalten füllen. In Frankreich musste sich Google auf eine Urheberrechts-Vereinbarung mit Verlegern einigen.

Doch nur das Verfahren gegen Facebook gefährdet die Macht und die Existenz eines Konzerns. Gegenstand der Klage ist, dass Facebook mit dem Kauf des Bilderdienstes Instagram und des Chat-Services Whatsapp Konkurrenten vom Markt weggekauft habe. Das trifft die Strategie des Konzerns mit großer Sachkunde. Denn Facebook, der Konzern, hatte mit den beiden Käufen begonnen, sich auf das Ende von Facebook, dem sozialen Medium, vorzubereiten. Das Wachstum stagnierte, ging in einigen Ländern sogar zurück. Facebook hat die Kundendaten der Systeme auch schon synchronisiert, ein Vorgang, den Kartellrechtler vergeblich stoppen wollten.

Vom Ausgang der Klage in den USA hängt auch die Rolle Facebooks im Rest der Welt ab. Denn das Internet und vor allem die sozialen Netzwerke sind in der freien Welt amerikanische Infrastrukturen. Da kann Brüssel noch so viel klagen. Das Machtmonopol amerikanischer Konzerne kann nur Amerika selbst brechen.

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