CDU:Im Zweifel für den Zweifler

Lesezeit: 1 min

Die Partei ist auch nach dem deutlichen Briefwahlsieg von Armin Laschet nicht befriedet. Aber möglicherweise ist der neue Vorsitzende doch der richtige Mann für diese Zeit.

Von Boris Herrmann

Nun ist der neue CDU-Vorsitzende also auch rechtskräftig gewählt. Es war keine Überraschung, sondern bloß noch eine Formalie, dass bei der Briefwahl das gleiche Ergebnis herauskam wie bei der digitalen Vorabstimmung am vergangenen Wochenende: Gewonnen hat Armin Laschet. Ein strahlender Sieger ist er deshalb aber noch lange nicht.

Die Zahl derer in der CDU, die der wohl letzten Chance von Friedrich Merz hinterhertrauern, ist deutlich höher, als sie im Briefwahlergebnis zum Ausdruck kommt. Laschet hat mehr als 80 Prozent der Stimmen erhalten - diesmal allerdings ohne Gegenkandidaten. Merz war zur Briefwahl, wie vereinbart, nicht mehr angetreten. Uneingeschränkt erfolgreich war vor allem das Experiment der CDU mit ihrem ersten volldigitalen Wahlparteitag. Unterm Strich steht: Operation geglückt, der Sieger auf dem Weg der Besserung. Mehr ist einstweilen wohl nicht drin in dieser polarisierten Volkspartei.

Laschet kann Gräben überwinden, wo andere sie vertiefen

Armin Laschet mag nicht der perfekte Parteichef sein. Er ist auch nicht der Mann, auf den die Kanzlerschaft direkt zuläuft. Aber er hat das Potenzial, der Richtige für eine Zeit zu werden, die sich irgendwie falsch anfühlt. Solange Deutschland vor allem ein Seuchengebiet ist, und solange die Folgen der Pandemie die Weltlage bestimmen, gibt es noch weniger einfache Wahrheiten als sonst. Es werden nie alle zufrieden sein, wenn plötzlich Grundrechte gegeneinander abgewogen werden müssen. Einer wie Laschet, der das Abwägende und nicht das Absolute verkörpert, kann Gräben überwinden, die andere vielleicht eher vertiefen würden.

Die CDU hat sich in ihrem inneren Zweifel für den Zweifler entschieden. Das muss in der gegenwärtigen Situation nicht das Schlechteste sein. Denjenigen in der Partei, die das weiterhin bezweifeln, möchte man zurufen: Jetzt lasst ihn doch einfach mal anfangen!

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: