Bergkarabach:Krieg der Moderne

Die Lehre aus dem Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan: Auch wenn es am Ende keinen klaren Sieger gibt - in einer multipolaren Welt wird es immer häufiger bewaffnete Konflikte geben.

Von Tomas Avenarius

Der Krieg um Bergkarabach war ein moderner Krieg. Das kaukasische Gemetzel gab einen Vorgeschmack auf das, was auf den nächsten Schlachtfeldern des frühen 21. Jahrhunderts geschehen könnte. Aserbaidschan hat dank technisch zeitgemäßer Waffen gewonnen - dem konsequenten Einsatz von Kampfdrohnen hatten die mit alter russischer Hardware gerüsteten Armenier nichts entgegenzusetzen. Das wird Regierungen zu denken geben. Drohnen sind im Vergleich zu Kampfjets billig, eignen sich für eine begrenzt umrissene Kriegsführung, die Ausbildung der am Computer sitzenden Joystick-Flieger ist einfacher als die echter Kampfpiloten.

Der Konflikt ist auch in anderer Hinsicht modern. An der Front kämpften Aserbaidschaner gegen Armenier, im Hintergrund zogen die Türken und die Russen als regionale Big Shots an den Fäden. Ihren Willen vollständig durchgesetzt hat keine der beiden Schutzmächte. Wer mehr erreicht hat, lässt sich schwer sagen: Moskau hat zwar seinen Ruf als Hausherr im Kaukasus gewahrt, Ankara seinen Anspruch auf Mitsprache aber klargestellt.

Im Ringen der Mächte einer multipolaren Welt scheint Krieg als Nullsummenspiel schwerer führbar zu sein, es gibt selten eindeutige Gewinner. An der Tagesordnung sind Teilerfolge, die den nächsten Konflikt nach sich ziehen. Die Türkei und Russland sind Beispiel. Beide keine Supermächte, beide spielen auf der Klaviatur regionaler Kriege, ob in Libyen, Syrien oder dem Kaukasus. Beide gewinnen hier, verlieren dort an Boden. Krieg aber wird weiter geführt werden in der multipolaren Welt - wohl immer häufiger.

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