Aktuelles Lexikon:Razzia

Polizeiliche Maßnahme, die es als juristischen Begriff nicht gibt, aber recht häufig vorkommt.

Von Joachim Käppner

Mehr als 1000 Polizeibeamte sind am Mittwoch gegen rechtsextreme Netzwerke vorgegangen und haben zahlreiche Wohnungen durchsucht und Personen überprüft, es gab auch Festnahmen. Die in der Erklärung dazu von Bundesinnenministerin Nancy Faser (SPD) genannten "polizeilichen Maßnahmen" sind breit angelegte Razzien und werden in der Öffentlichkeit auch so genannt. Das Strafgesetzbuch nutzt den Ausdruck nicht, juristisch gilt die Razzia als überraschende und breit angelegte Fahndungsaktion, die sich meist gegen einen bestimmten Personenkreis richtet und sowohl der Gefahrenabwehr als auch der Verfolgung konkreter Straftaten dient. Das Wort stammt aus dem arabischen Nordafrika und bezeichnete ursprünglich einen Raubzug gegen feindliche Stämme und Gebiete, "bei welchem die Ernte u. die Dörfer verbrannt u. das Vieh weggetrieben wird", wie Pierers Universal-Lexikon 1861 mit spürbarer Missbilligung feststellte. Die französischen Kolonialherren in Nordafrika übernahmen den Ausdruck für ihre Militäraktionen gegen den arabischen Widerstand, die oft schlichter Terror gegen die Bevölkerung waren. Umgekehrt waren die Razzien des algerischen Nationalhelden Abd el-Kadr gegen Stämme, die mit den Franzosen im Bunde waren, höchst gefürchtet. Aus dem Französischen erreichte das Wort im 19. Jahrhundert das Deutsche.

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