Natürlich sind die Rheinländer und insbesondere die Kölner gute Kinder der katholischen Kirche und gehen als solche sittlich gefestigt ins Karnevalstreiben. Es soll in Einzelfällen zwischen Bützche und Bier aber dennoch zu bedenklichen Worten und Handlungen kommen. Einer ist jedoch im Lokal, der alles sieht und alles hört: Das ist der Nubbel. Diese meist aus Stroh und Stoff gefertigte Puppe sitzt in der Kneipe und weiß über alles Bescheid. Deshalb werden in der Nacht zum Aschermittwoch alle Sünden feierlich auf das Wesen übertragen. So ruft ein gern als Priester gewandeter Narr etwa: "Wer ist schuld, dass wir unser Jeld versoffe hann? Datt wor ...", jetzt alle: "... dä Nubbel!" Dann wird er feierlich verbrannt. Der Brauch, bei dem es um die Reinigung der Seele geht, ist sehr alt, offiziell erlaubt ist die Verbrennung aber erst seit der Nachkriegszeit. Allerdings darf sie als ethisch unbedenklich gelten, da der Nubbel keine Person oder Gruppe verkörpert, im Gegenteil. "Dä iss beim Nubbel" bedeutet im Rheinischen, dass man nicht wisse, wo jemand sei. Die Kölsche Band "Bläck Fööss" besang des Nubbels Scheiden am Karnevalsdienstag passend im Stil einer alten Totenmesse: "Tu Nubbulus, tu Nubbulus, / Du ärme Sau im Himmel / Kein Bierchen mieh und keine Schabau / Jetz küsste endlich ens zur Rau."
Aktuelles Lexikon:Nubbel
Puppe aus Stroh und Stoff, die alle Sünden auf sich nimmt.
Von Joachim Käppner