Aktuelles Lexikon:Fantasie

Eine besondere menschliche Eigenschaft, deren Zeit laut Robert Habeck nun angebrochen ist

Von Johan Schloemann

Im Wahlkampf hatte sie FDP-Chef Christian Lindner noch gefehlt, um sich ein Bündnis mit SPD und Grünen vorzustellen, etwa in der Steuerpolitik. Für seinen grünen Sondierungspartner Robert Habeck ist nun aber doch, so sagte er im ZDF, "die Zeit der Fantasie" angebrochen, damit auch bei der Bewegung der großen Brocken das Unmögliche möglich werde. Im Deutschen hat die Phantasie schon seit dem 14. Jahrhundert eine Heimat, mal mit F-, mal mit Ph-, seit der Rechtschreibreform wieder mit F-, und anfangs gab es die schöne Variante "Phantasei", die Goethe "hundertfältig frei" nannte. Im ursprünglichen Griechisch bezeichnete phantasía die Erscheinung, die Wahrnehmung, aber eben auch die Vorstellung. Sigmund Freud schrieb: "Man darf sagen, der Glückliche phantasiert nie, nur der Unbefriedigte. Unbefriedigte Wünsche sind die Triebkräfte der Phantasie, und jede einzelne Phantasie ist eine Wunscherfüllung, eine Korrektur der unbefriedigten Wirklichkeit." Im politischen Vokabular ist die Fantasie mit den Visionen, dem Projekt, der großen Idee und Erzählung benachbart und lässt Realpolitiker erschauern. Sie kann aber auch heraufbeschwören, was droht, wenn Verhandlungen scheitern: ein Schreckgespenst. Da ist auch Habeck, dessen erster Roman einst "Traumblind" hieß, Realist genug.

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