Zeitschriften:Trinkfest

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Das Magazin Bier ist seit Dienstag am Kiosk. Es erscheint im Verlag Motor Presse Stuttgart, die Startausgabe mit einer Druckauflage von 60 000 Stück hat 164 Seiten und kostet 5,90 Euro. (Foto: sz)

Heller Bock und Unfiltriertes aus Neuötting: Ein neues Magazin widmet sich ganz allein dem Thema Bier.

Von Rudolf Neumaier

Die Erzeugnisse des Verlages Motor-Presse Stuttgart widmen sich den wirklich wichtigen Dingen im Leben. Die Zeitschrift Women's Health erörtert die Frage "Was denken Männer im Bett?" und analysiert Trendfrisuren. Das Magazin Motorrad verschenkt per Coupon eine Dose Kettenspray, und Cavallo erläutert im Juli-Heft das Thema "Wie Sie Pferde individuell belohnen". Im Portfolio sucht das neueste Periodikum des Hauses noch seinen Platz zwischen den Berichtsgebieten Automobil und Luftfahrt, Lifestyle und Freizeit - womöglich ist es der Keim für ganz ein neues Feld. Das Heft trägt den Namen Bier und wartet im Untertitel mit seiner eigenen Legitimation auf: "Weil's schmeckt."

Im Editorial verkündet das Autorenteam um Redaktionsleiter Michael Pfeiffer

zum Start, "dass gerade jetzt Ihr und unser Lieblingsgetränk so begehrt ist, wie noch nie". Das lässt sich zwar kaum durch Absatzzahlen belegen, die laut Statistischem Bundesamt seit dem Jahr 2001 von knapp 108 auf 95,7 Millionen Hektoliter sanken. Doch begegnet man dem Beliebt-wie-noch-nie-Superlativ der Bier-Redaktion gutmütig, kann man die Sache so deuten: Heute wird mengenmäßig weniger gesoffen, dafür aber beherzter getrunken.

Das gute alte Arbeiter-, Bauern- und Studentengrundnahrungsmittel könnte sich tatsächlich zu einem Distinktionsgetränk entwickelt haben. Ein Indiz dafür sind Klein- und Kleinstbrauereien, die sich in den letzten Jahren gründeten oder sich mit besonderen Bieren einen Namen machten. Und darüber hinaus steht das 500. Jubiläum des bayerischen Reinheitsgebotes im Kalender - keine Frage, Bier ist ein Thema.

Aber 164 Magazinseiten über Bier? Das ist mutig. Entstanden sei das Projekt in einem internen Ideenwettbewerb, teilt der Verlag mit. Das Heft kostet 5,90 Euro und ist mit einer Auflage von 60 000 Exemplaren auf den Markt gekommen. Noch in diesem Jahr seien weitere Ausgaben geplant, wie viele, ist allerdings offen. Bier ist ein zarter Versuch; auf Abonnenten-Werbung verzichtet der Verlag - und auf Werbekunden wartet er offenbar. Wenn beim Lesen keine Anzeige übersehen wurde, wollten sich nur ganze drei Brauereien in dem Magazinneuling präsentieren. Dass reichlich Platz für weitere Bierhersteller gewesen wäre, zeigen die fünfeinhalb Seiten, auf denen der Stuttgarter Verlag Reklame für sein eigenes Hefte-Sortiment macht.

Wer Bier gelesen hat, ist erst mal umfassend unterrichtet über Handwerkliches bei der Bierherstellung, Trends bei der Bierentwicklung und Geheimtipps für den Bierkonsum - wobei das Helle sowie der Helle Bock des Bräus z' Loh bei Wasentegernbach und das Unfiltrierte des Neuöttinger Müllerbräus unterschlagen wurden.

Zwischen die längeren Geschichten sind glossierende Texte gestreut, hier und da ein Interview. Die Autoren des, wie der Verlag verkündet, "abteilungsübergreifenden Redaktions- und Produktionsteams des Auto- und Motorradbereiches" haben nette Anekdoten sowie erhellende Zahlen recherchiert. Bierflaschen werden durchschnittlich 23-mal wieder befüllt, die Spanne der Umläufe reiche von 13 bis 37. Will man dann noch mehr wissen? Fragt sich, was all den Hopfen-und-Malz-Arien in einer oder mehreren Folgenummern noch hinzuzufügen ist.

© SZ vom 22.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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